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Capella de Ministrers - Regina
Info
Musikrichtung:
Mittelalter Ensemble
VÖ: 05.05.2023 (CdM / Note 1 / CD / DDD / 2022 / CdM 2355) Gesamtspielzeit: 76:15 |
KÖNIGLICH!
Drei Jahrhunderte spanischer Musik vom hohen bis zum späten Mittelalter, sind auf dieser CD in 18 Stücken konzentriert – allesamt Kostbarkeiten, von denen viele außerhalb eines solchen Sammelprogramms kaum eine Chance hätten. Es braucht schon eine übergreifende Idee, um diese so unterschiedlichen Werke zusammenzubringen. Und die gibt es: Charles Magraner und die Capella de Ministrers huldigen mit ihrem Album den 18 spanischen Königinnen, die in der Zeit von 1235 (Violant d’Hongria) bis 1516 (Germana de Foix) an der Seite der Aragonen-Könige auf der iberischen Halbinsel herrschten. Zwar blieben sie stets abhängig von ihrem Gemahl, dem sie vor allem möglichst männliche Nachfolger zu gebären hatten. Dennoch erlangten nicht wenige von ihnen einen bedeutenden Einfluss und prägten das gesellschaftliche, religiöse oder künstlerische Leben der Epoche.
Die musikalischen Zeugnisse, die man biographisch mit ihnen in Verbindung bringen kann, nehmen freilich bis auf Ausnahmen kaum jemals direkt Bezug auf die Königinnen. Die Verweise sind eher indirekt, wenn zum Beispiel eine edle Dame besungen wird, die die Gottesmutter Maria oder die Königin sein kann: Die Grenzen zwischen frommer Devotion und höfischer Minne waren fließend. So handelt es sich auf dieser Platte überwiegend um Werke, die aus der Zeit und dem höfischen oder kirchlichen Umfeld der Königinnen stammen, z. B. das liturgische Repertoire eines Klosters, das eine Königin durch Zuwendungen förderte oder für sich als Grablege bestimmt hatte. Die Auswahl und jeweiligen Kontexte werden in den ausführlichen Bookelt-Beiträgen facettenreich beleuchtet.
Gleichwohl sind die Kompositionen, die oft anonym sind, durchaus charakteristisch für die musikalische Entwicklung Spaniens unter dieser oder jener Herrschaft – und werden überdies abwechslungsreich präsentiert. Von ein bis drei Singstimmen – sämtlich Frauen – und diversen Instrumentalkombinationen reicht die Besetzung. Eine manchmal auch komplexerere Polyphonie und Rhythmik findet sich neben schlichteren, liedhaften Stücken. Man kann die Evolution der spanischen Musik verfolgen, die je nach Mode auch französische Raffinesse oder italienische Kantabilität assimilierte, einmal hieratisch und imperial und dann wieder ausgesprochen sensitiv und intim klingen kann.
Die drei Sängerinnnen, Èlia Casanova, Betriz Lafont und Maria Jonas, harmonieren bestens miteinander bei den gelegentlichen mehrstimmigen Einsätzen, prägen ansonsten durch ihre schlanke, mal herbere, mal lyrischere Farbe den Charakter der einzelnen Kompositionen. Die Instrumente umfassen verschiedene mittelalterliche Blas-, Streich- und Zupfinstrumente sowie Schlagzeug, die mit viel Feinsinn gehandhabt werden: Immerhin handelt es sich um ein Konzert für Königinnen!
Georg Henkel
Trackliste
Walther von der Vogelweide: Nu alrest
Guillaume de Machaut: Douce dame jolie
Dionis I de Portugal: O que vos nunca cuidei a dizer
Jacopo da Bologna: Un bel sparver
Magister Egidius: Roses et lis
Johannes Graneti: Summe clementissime
Pere Oriola: O vos homines qui transitis
Juan del Encina: Una sanosa porfia
Lluis del Milan: O gelosia, d'amanti orribil freno
Anonymus: Ave Maria dulcis et pia; Dum suprema melodia; Potestati magni maris; Ave, regina caelorum / Alma redemptoris; Or sus, vous dormes trop; Pangat chorus in hac die; Alburquerque, Alburquerque; La Spagna
Besetzung
Carles Magraner, Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |