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Reviews

Van Noordt, A. (Berben, L.)

Tabulatuurboeck van Psalmen en Fantasyen (1659)


Info

Musikrichtung: Barock / Orgel

VÖ: 11.04.2023

(Ramée / Note 1 / 2 CD / DDD / 2022 / RAM 2201)

Gesamtspielzeit: 155:45

DIE FARBEN VON MATHIAS GRÜNEWALD

Man weiß nicht, was man bei dieser Produktion zuerst hervorheben soll: Das seltene Repertoire? Das herrliche Instrument? Oder die erlesene Darbietung?

Auch wenn das Orgelwerk von Anthoni van Noordt (um 1619 bis 1675) auf CD schon des Öfteren und stilkundig auf historischen Instrumenten dokumentiert wurde, so gefällt an dieser Neueinspielung des „Tabulatuurboeck van Psalmen en Fantasyen“ von 1659 doch besonders das mit ungewöhnlichen Registerfarben aufwartende Instrument, die Hagerbeer-Orgel in der Pieterskerk in Leiden, die nur wenige Jahre vor van Noordts Sammlung fertiggestellt wurde und ein Musterbeispiel für die oft exotisch anmutenden Reize historischer Orgeln darstellt.

Tatsächlich klingen manche Register fast wie Schaltungen analoger Synthesizer, sie frappieren durch mineralische, gläserne oder metallische Beimischungen in ihrem Ton, was durch Zuschaltung des Tremulanten noch verstärkt wird. Das gibt den Klängen mitunter eine eigentümlich psychedelische Wirkung. Die Palette eines Mathias Grünewald verfügt auch über solche irrealen Farben.

Sehr modern wirkt das, trotz der altertümlich anmutenden Variationen über Psalmgesänge. Aus ersteren nämlich besteht van Noordts Sammlung in der Hauptsache, einige Fantasien lockern das Ganze auf, wenngleich sie stilistisch nicht so viel anders als die Variationen sind: Ein reiches, ornamental verspieltes Rankenwerk aus zwei bis fünf ineinander verschlungenen Stimmen bestimmt meist das musikalische Geschehen, das in steter, oft munterer Bewegung bleibt.
Durch die farbigen Registrierungen und Verzierungen, die der Interpret Leon Berben zum Schmuck und zur Verdeutlichung der Stimmverläufe beifügt, entsteht ein gleichermaßen strenges wie luxuriöses Gebäude aus insgesamt 26 Stücken. Diese dauern zwischen zwei und fast 20 Minuten, je nach Anzahl und Umfang der Variationen. Man kann van Noordts Sammlung als Musterbuch der Kompositions- und Spielkunst der Orgelmusik seiner Zeit erleben, in der Tradition Sweelincks. Es schließt eine Lücke in der Entwicklung der Orgelmusik zwischen Renaissance und Barock.

Leon Berben bezieht nicht nur die gedruckten Fassungen der Psalmen, sondern auch solche in anonym überlieferter Manuskriptform mit ein, was interessante Kombinationen ermöglicht und den freien, improvisatorischen Charakter der Musik unterstreicht. Seine Interpretation lässt an musikalischer Durchdringung und Abwechslung nichts zu wünschen übrig. Man spürt, dass er in dieser Musikwelt ganz und gar zu Hause ist und es genießt, die Möglichkeiten seines Instruments auszureizen. Dennoch sollte man sich dieses Konvolut, insgesamt fast 160 Minuten, gut dosiert zu Gemüte führen.



Georg Henkel

Trackliste

CD 1: 76:55
CD 2: 78:50

Fantasias 1-6; Psalmen 2, 5, 6, 7, 15, 22, 24, 38, 50, 65, 66, 100, 116, 119; Daphne

Besetzung

Leon Berben, Haberbeer-Orgel in Leiden (1643)
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger