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Des canyons aux étoiles …
Info
Musikrichtung:
Neue Musik / Orchester
VÖ: 11.04.2023 (Hyperion / Note 1 / 2 CD / DDD / 2022 / CDA68316) Gesamtspielzeit: 92:18 |
MUSIKALISCHE PILGERREISE
Unverkennbar ist die Tonsprache des katholischen Klangfarbenmystikers Olivier Messiaen – wobei dieser die Bezeichnung „Mystiker“ immer abgelehnt hat. Er sah sich als komponierenden Theologen, der die Geheimnisse des christlichen Glaubens, zumal die lichtvollen und freudigen, in seiner überbordend reichen musikalischen Sprache zum Ausdruck bringen wollte.
So auch in seinem 1974 uraufgeführten Orchesterwerk „Des canyons aux étoiles …“, das eine Pilgerreise des Komponisten zu den Naturschönheiten der USA in 12 Stationen nachzeichnet. Stationen, in denen ein farbig und – bis auf den zahlenmäßig stark reduzierten Streicherappartat – umfänglich besetztes Kammerorchester über die Schönheiten der irdischen Schöpfung und der himmlischen Herrlichkeit meditiert. Dies alles in dem für den späten Messiaen typischen Stil aus schillernder Harmonik, komplexen rhythmischen Mustern und üppig kolorierten Imitationen von Vogelgesängen. Letztere sind unter anderem einem auch solistisch agierenden Klavier anvertraut.
Von der blendenden Helle der eröffnenden Wüstenvision bis hin zu den wellenförmig aufbrandenden Jubel-Ekstasen des „Zion Parks“, einem für seine besondere Naturschönheiten bekannten Nationalpark, führt die Reise. Zwischenstationen sind die imposanten Schluchten von Cedar Breaks und die orangeroten Felsformationen des Bryce Canyons, die Messiaen zu eigentümlichen harmonischen und tonmalerischen, manchmal schrillen und geräuschhaften Klängen inspiriert haben. So heult und pfeift der Wind über den schwindelerregenden Tiefen von Cedar Breaks – ein heikler Moment, der unfreiwillig komisch wirken kann. Doch meistern ihn die Ausführenden Musikerinnen und Musiker der Utah Symphony ohne Furcht vor dem verstörenden Effekt, den Messiaen direkt der Natur abgelauscht hat. Ebenso wie das Wehen und Rieseln des Wüstensandes, der durch ein vom Komponisten erfundenes „Geophon“ dargestellt wird, eine beidseitig bespannte Handtrommel, die mit unterschiedlich großen Kugeln gefüllt ist (und heute unter der Bezeichnung „Ocean Drum“ weite Verbreitung gefunden hat).
Ein „Interstellarer Ruf“ betiteltes Hornsolo fordert dem Solisten Stefan Dohr ein große Spektrum an spezieller Tonerzeugung an, u. a. Klänge, die wie ein Echo aus weiter Ferne zu antworten scheinen. Jason Hardink zeichnet im Tutti wie solistisch die hochkomplexen Vogelstimmen-Gesänge auf dem Klavier klar umrissen, ohne Grellheiten und mit deutlichen Zäsuren nach, ganz nahe an den Gesängen der gefiederten Vorbilder.
Das höhenbetonte Klangbild ist durchsichtig und beleuchtet jedes Detail. Dirigent Thierry Fischer versteht sich darauf, mit seinen Musiker:innen die rhythmischen Finessen der Partitur präzise herauszustellen und durch eine geschickte Gestaltung im Kleinen weiter zu beleben. Dafür fehlt es seiner Einspielung etwas an dem sinnlichen Lüster und auch der körperlichen Fülle, die beispielsweise Myung-Whun Chung bei seiner maßstäblichen Version (Deutsche Grammophon) der Partitur entlockt hat: Wenn die Sterne im Schlagwerk, vor allem den brillanten Glockenspiel (Eric Hopkins), vor dem A-Dur-Blau der Streicher und Bläser funkeln, entsteht in der neuen Fischer-Aufnahme zwar ein wahrlich sinnenbetörender Kristallpalast. Aber in der Schlusssteigerung des Zion Park vermisst man die Fülle der tiefen Resonanzen von Gongs und Tamtams, über denen die Violinen ihre Aureole erstrahlen lassen. Doch trübt dies nicht nachhaltig den freudestrahlenden Gesamteindruck dieser vitalen Einspielung, die sich unter die gelungenen Messiaen-Interpretationen einreiht.
Georg Henkel
Besetzung
Stefan Dohr, Horn,
Keith Carrick, Xylorimba
Eric Hopkins, Glockenspiel
Utah Symphony
Thierry Fischer, Leitung
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