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Reiner Winterschladen / NDR Bigband

Bow

Info Musikrichtung: Bigband Jazz VÖ: 02/2023 (NEMU) Gesamtspielzeit: 75:13 Internet: https://uk-promotion.net/ https://www.nemu-records.com/ https://uk-promotion.net/

Reiner Winterschladen, geboren 1956 in Bergisch Gladbach) ist Jazztrompeter und mit dieser Kollektion wird sein Schaffen zwischen 1996 und 2010 mit der NDR Bigband auf zehn Songs vorgestellt. Im Einzelnen stammen die Songs aus folgenden Jahren: 1997 (#1, 2), 2007 (#3), 1996 (#4), 2004 (#5, 9, 10), 1999 (#6), 2010 (#7), 2002 (#8). Mitglied der Bigband war er im Zeitraum zwischen 1995 und 2017.

Der Trompeter war allerdings nicht nur im Jazz zu Hause, sondern arbeitete auch in den Bereichen Rock (mit Marius Müller-Westernhagen) als auch im Funk und Electro, hervorzuheben sei hierbei seine Zusammenarbeit mit Dal Martino, die sich unter dem Namen Nighthawks als Spezialisten für coole Grooves und atmosphärische Samples etablierten.

Für das Album Bow hat Winterschladen zehn Songs zusammengestellt, die aus sieben Eigenkompositionen bestehen, und drei Fremdkompositionen, "Back Where I Belong" und "Trost" stammen von Vladyslav Sendecki und "Theme For O.J." von Geir Lysne. Im Booklet gibt es zu jedem Song einige persönliche Anmerkungen von Winterschladen, so dass dadurch der Weg zu den Songs gut geebnet wird.


Mit "Silent Path" aus 1997 startet die Platte gleich mit einer Widmung, 'In Memory Of Lutz Büchner', der hier noch ein Klarinettensolo beisteuert, wie Winterschladen schreibt, mit seinem wunderschönen warmen, intimen und ausdrucksstarken Ton, der einzigartig war. Lutz Büchner verstarb 2016 auf eine Japantournee unerwartet. Mit dem Einsatz der gedämpften Trompete klingt Winterschladen wie Miles Davis, und darüber hinaus erinnern mich die ersten Eindrücke auch noch an den von Davis komponierten Soundtrack zum Film "Ascenseur pour l'échafaud" (Fahrstuhl zum Schafott). Ja, zusammen mit der später einsetzenden Bigband wird hier ein wahres Kopfkino abgespult, eine sehr feinfühlige und wunderschöne Komposition, die nun im Nachhinein dem mitwirkenden Büchner eine gelungene Widmung darstellt. Ja, und dessen Klarinettensolo ist in der Tat sehr berührend vorgetragen. Das folgende Solo des Protagonisten passt ebenfalls sehr gut in diese ruhige und fließende Stimmung, ein wenig rau im Ton, hier ein wenig in Richtung Tomasz Stańko.

Der Titelsong kommt ein wenig impulsiver und featured Christof Lauer als druckvollen und virtuosen Saxofonisten, das vielschichtige Arrangement ist beeindruckend. Mit "Back Where I Belong" können wir uns dann wieder dem entspannten Sound einer Ballade hingeben, vom bekannten Arrangeur Mike Gibbs wurde dieses wunderschöne Stück von Vladyslav Sendecki in Szene gesetzt, hier wieder diese "Miles Davis-Stimmung"..., auch in Verbindung mit dessen Zusammenarbeit mit Gil Evans.

Mit "Basalt" wird das älteste Stück, aus 1996, vorgestellt, in einem dezenten Shuffle-Modus, dann gibt es ein wenig stark individuell geprägte Songs wie "Tango Andromeda", das in Verbindung mit dem Solisten an der Gitarre, Markus Wienstroer, entstand. Mit seinem satten und fetten Gitarrenton übernimmt er sofort, nachdem sich dieser Song in eine swingende Passage fallen lässt. Hier spürt man die besondere Art einer Fusion, und das Arrangement der Bigband, hier dirigiert von Dieter Glawischnig, ist beeindruckend hinsichtlich dessen, wie die Bläsersätze sich in das kraftvolle Gitarrensolo hineinbohren. Ja, das ist absolut mitreissend und sicher einer der Höhepunkte, grandios, wie frei es sich nach gut vier Minuten entwickelt!

Und so wechseln sich verschiedene Stimmungen ab, mit "Beautiful Flowers" gibt es eine weitere Widmung, hier an Lester Bowie, den Trompeter. Hierzu schreibt Winterschladen: Ich mag besonders, wie er durch sein Horn "gesprochen" hat und mit klangmalerischen Mitteln Stücke veredeln konnte. Auch hier klingt es sehr edel, ein dezent orientalisch klingender Hauch strahlt in der Eingangssequenz des Themas, bevor man in einen schleppenden Reggae-Rhythmus übergeht und die Karibik erklingen lässt.

Das längste Stück finden wir mit "Theme For O.J.", komponiert vom Norweger Geir Lysne, selbst Betreiber einer Bigband. Seine Länge lässt viel Spielraum für Ideen, die auch vollends ausgeschöpft werden. Mit "Trost" gibt es eine Ausnahme unter den zehn Songs, denn dieser wurde im Trioformat eingespielt, Trompete, Piano, Perkussion. Der Komponist Sendecki spielt hier selbst das Piano. Mit "Half The Battle" verabschiedet man sich dann mit einem sehr lebendigem Song, wuchtig im Arrangement mit einem stark treibenden Ausdruck. Wie Winterschladen hierzu schreibt, habe der Arrangeur Steffen Schorn diese Komposition mit dolphyeskem Thema sehr lebendig untermauert.

So bietet uns Rainer Winterschladen mit dieser Auswahl einen repräsentativen Ausschnitt seiner Tätigkeit in Verbindung mit der NDR Bigband, eine beindruckende Kollektion.

Wolfgang Giese