Reviews
Devil Inside
Info
Musikrichtung:
Symphonic Metal
VÖ: 25.03.2022 (Massacre / Soulfood) Gesamtspielzeit: 53:25 Internet: http://www.facebook.com/ConfidentialBandOfficial |
Komponieren und Texten als eine Form der Selbsttherapie ist seit Jahrhunderten nichts Ungewöhnliches. Auch die Norwegerin Astrid K Mjøen hat offenbar schwere Zeiten des inneren Kampfes durchgemacht, bei der ein männliches Wesen eine markante Rolle spielt. Daraus ist in ihrem Fall eine neue Band erwachsen, die Confidential getauft wurde und mit Devil Inside ihr Debütalbum vorlegt. Dass die Geschichte nicht eben Frohsinnspotential beinhaltet, macht schon die optische Gestaltung von Digipack und Booklet in düsteren blauvioletten, grauen oder schwarzen Tönen deutlich, einzig die beiden Bilder der Chefin im Booklet wirken etwas lebendiger, während die vier auf der Rückseite des Digipacks abgebildeten Bandmitglieder wiederum so verdrießlich dreinschauen, als hätten sie gerade eine waschechte Doomscheibe eingespielt.
Letztere Vermutung trifft nicht ins Schwarze – Confidential fühlen sich im Symphonic Metal zu Hause, und zwar in dessen kompakter songorientierter Variante. Dabei fällt maßgeblich ins Gewicht, dass die Chefin keine Sopranstimme ins Feld führt, sondern einen Mezzosopran, der tendenziell eher an der Grenze zum Alt liegt und nur hier und da weit in die Gegenrichtung nach oben gleitet, sofern sie selber diese Passagen singt und nicht Keyboarderin Charlotte Stav, die nebenbei noch den Job der Backingvokalistin übernimmt. Damit könnten Confidential für einige Hörer interessant werden, die eine reine Sopranistin als Sängerin einer Symphonic-Metal-Band zu anstrengend finden. Ansonsten mutet die Band bisweilen wie eine originellere, weniger erzwungene Version von Beyond The Black an, auch Combos wie Xandria liegen nicht gar zu weit entfernt, und ein Vergleich zu Eleine fällt einem allein schon deswegen ein, weil Madeleine Liljestam im Closer „Black Angel“ als Gastsängerin agiert, was interessanterweise im Booklet nirgends vermerkt ist, ebenso wie die diversen anderen Gastmusiker, von denen Jake E (von Amaranthe bekannt) als Duettpartner in „Salvation“ die auffälligste Rolle spielt und den Rezensenten grübeln läßt, an wen ihn diese weiche, leicht nasale Stimme erinnert.
Ansonsten hört der Symphonic-Metal-Freund aber eine andere Inspirationsquelle ziemlich deutlich heraus, und zwar in verschiedenen Facetten: Nightwish. Schon der Klavierlauf rings um Minute 1 im Intro „Prelude To Resurrection“ hätte auch aus der Holopainen-Schmiede stammen können, diverse der (eher wenigen) Gitarrensoli erinnern im Tonfall an Emppu Vuorinen, auch die Orchestrierung atmet hier und da einen Nightwish-verwandten Geist (wobei Jonah Weingarten, der diese als Gast übernommen hat, offensichtlich kein Orchester aus Fleisch und Blut beschäftigen konnte), die Vokalisenpassage am Übergang von „Forever Angel“ zu „Release My Symphony“ findet sich in ähnlicher Form auf Hvman. :||: Natvre. und das Hauptthema von „Prophecies“ auch – und dann wäre da noch das Intro von „My Kiss Of Death“, das freilich sowieso einen ganzen Song einleitet, der auf nahezu jedes Nightwish-Album gepaßt hätte (einzig zwei bestimmte Harmoniefolgen in der Strophe und im Refrain sind Tuomas Holopainen bisher noch nicht eingefallen, und die rauh geflüsterten Passagen im Mittelteil, die hier Rikard Edberg von Eleine beisteuert, hätte er vermutlich ein wenig anders arrangiert). Auffällig ist, dass einige der konkreteren Ideengänge nicht etwa auf einen der Nightwish-Klassiker der Vergangenheit zeigen, sondern auf deren jüngstes, mitten in der Pandemie erschienenes Studiowerk, das man freilich während dieser Zeit, da vielerlei andere Aktivitäten nicht möglich waren, auch besonders intensiv studieren konnte, und da ist vielleicht doch der eine oder andere Gedanke hängengeblieben. Komme freilich niemand und sehe Confidential nun als Nightwish-Klone – da ist allein schon die Stimme der Chefin vor, die zwar in Lagen arbeitet, welche auch Floor Jansen erreichen kann, aber die Stimmfarben sind dann doch recht unterschiedlich. Und es gibt unter den 12 Songs durchaus auch welche, wo man zu keiner Sekunde Gedanken nach Finnland zu schicken geneigt wäre. Da sind eben Combos wie Beyond The Black doch näher.
Was zudem auffällt, ist die Vorliebe für bestimmte Midtempo-Stampfrhythmen. Für Tempofetischisten bietet Devil Inside wenig, und gleich der Titeltrack marschiert in besagtem Rhythmus los, der in ähnlicher Form des öfteren wiederkehrt. Das Gaspedal durchtreten darf Drummer Robert Redmax Myrhaug (dessen Status unklar bleibt – das Booklet nennt ihn als Bandmitglied, auf dem Bandfoto fehlt er aber, und das Infoblatt führt ihn als Gastmusiker) nur in Teilen von „Release My Symphony“, wenigen Momenten von „My Kiss Of Death“ und einigen überraschenden Passagen im Mittelteil von „Historia“, während auf der anderen Seite mit „Forever Angel“ eine komplette Ballade und mit dem nur auf der CD, nicht aber auf der LP enthaltenen „My Evermore“ ein gleichfalls lange Zeit zurückhaltender Song zu Buche stehen, wobei letzterer im Finale überraschenderweise nochmal kurz Tempo macht. Von der Albumdramaturgie her haben Confidential ein gutes Händchen bewiesen: Sie starten mit zwei Midtempotracks, schieben eine Ballade nach, und der erste Tempoausbruch kommt mit „Release My Symphony“ genau dann, wenn den Hörer das Gefühl beschleicht, langsam wäre es nun aber mal Zeit für einen solchen. Zudem hat die Formation die komplexeren Nummern überwiegend in den hinteren Teil des Albums gepackt – auch keine schlechte Strategie und zugleich vermutlich auch dem Konzept geschuldet, dass also die Problemlage immer komplexer wird, bis das finale Erscheinen des schwarzen Engels den männlichen Antagonisten (und nicht die Heldin) in den Abgrund stößt. Was den Norwegern für die nächste Platte, sofern es denn eine gibt und die Selbsttherapie noch nicht abgeschlossen ist oder aber auf eine neue Ebene geführt wird, noch zu wünschen wäre, sind ein paar eingängigere Refrains – nach dem Titeltrack kommt nichts mehr, was sich mit diesem auf besagtem Gebiet messen könnte. Ob sich eine tourfähige Besetzung ergibt, wird die Zukunft gleichfalls zeigen. Der unklare Status des Drummers wurde bereits angesprochen, und auf der CD findet sich keinerlei Hinweis, wer eigentlich Baß gespielt hat – nur das Infoblatt verrät, dass Jacob Hansen, der auch für Mix und Mastering verantwortlich war, das gasthalber mit erledigt hat, wobei auf der CD selbst auch keinerlei Produktionsdetails vermerkt sind und man außer den Lyrics nur noch ein paar persönliche Zeilen von Astrid über ebenjene Selbsttherapie, die sie mit den zwölf Songs betrieben hat, lesen kann. Unabhängig von dieser Funktion bleibt eine nicht weltbewegende, aber gut anhörbare Symphonic-Metal-Scheibe, mit der man als Nightwish-Anhänger wie beschrieben noch auf eine ganz besondere Weise seinen Spaß haben kann.
Roland Ludwig
Trackliste
1 | Prelude To Resurrection (Intro) | 2:49 |
2 | Devil Inside | 4:05 |
3 | Salvation | 5:11 |
4 | Forever Angel | 4:33 |
5 | Release My Symphony | 4:11 |
6 | Historia | 4:31 |
7 | Queen Of The Dark | 4:53 |
8 | Brother Of My Soul | 4:27 |
9 | Prophecies | 4:40 |
10 | My Evermore | 4:58 |
11 | My Kiss Of Death | 3:57 |
12 | Black Angel | 5:03 |
Besetzung
David Hovde (Git)
Frode Hovd (Git)
Charlotte Stav (Keys)
Robert Redmax Myrhaug (Dr)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |