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Requiem; Krönungsmesse
Info
Musikrichtung:
Wiener Klassik
VÖ: 11.04.2023 (Alpha / Outhere / Note 1 / CD / 2022 / Artikelnr. ALPHA 919) Gesamtspielzeit: 57:24 Internet: Le Concert de la Loge |
Es könnte einem angst und bange werden bei dem Gedanken, dass womöglich auch in Höxter oder Ingolstadt im 19. Jahrhundert den örtlichen Gegebenheiten bzw. Geschmäckern angepasste Versionen von Mozarts Requiem zur Aufführung gelangten und die Noten im Archiv der Wiederentdeckung harren. Nun gut: Als das Stück 1804 erstmals in Paris zu hören war, stand immerhin kein Geringerer als Luigi Cherubini am Dirigentenpult. Was das Publikum von ihm serviert bekam, war allerdings nicht die Original- und schon gar nicht die ergänzte Süßmayr-Fassung, sondern eine Bearbeitung, deren Eigenwert indes nicht unbedingt beachtlich zu nennen ist. Da wurden die (im Orchester nicht vorhandenen) Bassetthörner durch Englischhörner ersetzt, das Posaunensolo im Tuba mirum durch ein Bläsertutti aufgepimpt, der Introitus durch eine Komposition von Jommelli ersetzt bwz. gedoppelt. Nach dem Lacrimosa folgte direkt die Eingangsfuge als Agnus Dei , die man zur Vermeidung einer Wiederholung dafür am Beginn kupiert hatte. Dazu der Text französisiert gesungen und die Zahl der Mitwirkenden auf 150 aufgebläht - fertig war das (kurze) Schaustück.
Und als solches stellt Julien Chavin die Version nun auch hier vor: Flott herunter musiziert, mit einigem Bombast (wenngleich nicht in derart überbordender Mannschaftsstärke), dazu glatt poliert. Es hat wohl nicht zufällig etwas von der musealen Kühle des Pariser Panthéon, wozu auch die gute Portion Hall gehört, mit dem die Aufnahme im sonst eher trocken tönenden Arsenal de Metz versehen wurde. Von einem marktschreierischen Moment des Baritons Thomas Dolié abgesehen, wird das Ganze durchaus auf solidem Niveau musiziert. Angesichts der harten diskographischen Konkurrenz zu wenig, um die Wiederbelebung dieser wenig befriedigenden Version zu rechtfertigen.
Immerhin musikhistorisch interessanter ist da schon Paisiellos fast zeitgleich uraufgeführte Messe zur Krönung Napoleons. Hier legen sich Chor und Orchester recht ungehemmt ins Zeug, um einen staatstragenden Sound zu kreieren. Das gelingt auch durchaus, obschon Paisiello seine Herkunft als Opernkomponist nicht verleugnet und daher einige Nummer und vor allem zahlreiche vokalsolistische Passagen einen unabweisbaren Zug in Theatralisch-Banale, ja mitunter ins unfreiwillig Komische haben. Die Schlussnummer "Domine salvum fac" lässt einen dann endgültig an die Bilder des Bandes "Zu Besuch bei Diktatoren" denken: Alles einfach einen Strich drüber - dafür können die engagierten Ausführenden allerdings nichts.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Paisiello: Messe pour le sacre de Napoléon
Besetzung
Choeur de Chambre de Namur
Le Concert de la Loge
Julien Chauvin: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
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