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Récit. Französische Gambenmusik und Transkriptionen für Gambenconsort
Info
Musikrichtung:
Barock / Gambe
VÖ: 13.01.2023 (Mirare / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2021 / MIR624) Gesamtspielzeit: 68:21 |
SEISMOGRAPHISCH
Man hört, dass Salomé Gasselin u. a. eine Schülerin von Vittorio Ghielmi ist. Ghielmi hat vor einiger Zeit eine neue Art des Gambenspiels zur Diskussion gestellt: Eintragungen winziger Buchstaben und Symbole in überlieferten Noten-Manuskripten v. a. von Marais‘ Schülern sind offenbar Abkürzungen für ganz genaue Griff, Spiel- und Artikulationsanweisungen, die einzelne Noten betreffen. Jeder Ton ist ein komplex geformtes Unikat und die Gambe wird zum Seismographen feinster Seelenregungen und ein Werkzeug klangmeditativer Versenkung.
Bei Gasselin changiert der akustische Gesamteindruck zwischen farbsatt dunkel und obertönig herb. Dynamische Spitzen wie bei Marin Marais „Cloches ou Carillon“ wirken fast schon explosiv, direkt daneben weben sanft ersterbende Tongespinste im hohen Register, dann wieder hängt die Musik buchstäblich an einer einzelnen Saite: Ein Wechselbad der Kontraste, das die Musik unter Spannung setzt und bekannte Stücke wie das genannte oder „La Banderine“ und „Les voix humaines“ in neuem, durchaus modernem Licht präsentiert. Dieser Angang demonstriert die „Sprachfähigkeit“ der Gambe, ihre „rezitativische Fähigkeiten“, auf die der Titel des Albums „Recit“ anspielt.
Neben wohlbekannten Werken von Marin Marais bringt die Interpretin mit ihren eingeschworenen BegleiterInnen überdies spannende Repertoireperspektiven ins Spiel, wenn sie, quellenkundlich gut begründet, ausgewählte französische Orgel- und Cembalostücke des 17. Jahrhunderts für ein Consort für mehrere Gamben und Continuo bearbeitet. Dabei übernehmen dann ein, zwei oder mehr Gamben einzelne Stimmen der ursprünglich nur für Orgel oder Cembalo komponierten Werke. Die ursprünglichen Instrumente beschränken sich auf die Gestaltung der Continuo-Basslinie. So können z. B. die sprachnahen Registerfarben und der rhetorische Duktus von „Récits“ oder „Dialogues“ auf der Orgel auch von einem Gambenconsort angemessen dargestellt werden.
Eine bemerkenswerte Visitenkarte der jungen Künstlerin und eine faszinierende Reise durch bekannte und unbekannte Regionen des offenbar unerschöpflichen Gambenkosmos.
Georg Henkel
Trackliste
Besetzung
Justin Taylor: Cembalo
Emmanuel Arakéllian: Orgel
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |