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Berlioz`s Lost Oboe. Frühromantische Musik für Oboe und Klavier aus Frankreich
Info
Musikrichtung:
Romantik Oboe
VÖ: 03.02.2023 (Ramée / Note 1 / CD / DDD / 2021 / RAM 2108) Gesamtspielzeit: 55:41 |
ELEGISCH
Das Raritäten-Kabinett des Labels „Ramée“ wird um ein Plädoyer für die Oboe als Instrument der französischen Frühromantik bereichert. Dort würde man eher die Klarinette vermuten. Deren modulationsfähiger Ton schien die menschliche Stimme am vollkommensten imitieren zu können und erfreute sich als sangliches Soloinstrument seit der Klassik besonderer Beliebtheit. Die höfisch-distanzierte Oboe mit ihrem durchdringenden, aber schmaler disponierten Klangspektrum schien dagegen allenfalls als Orchesterinstrument eine Zukunft zu haben.
Wie der Oboist Christopher Palmeta zeigt, war die Oboe zumindest jedoch in dieser Epoche als Soloinstrument weiterhin gefragt. Zusammen mit Olivia Sham hat er ein ganzes Konzert aus Stücken zusammengestellt, die mehrheitlich von kaum bekannten Komponisten stammen, die oft auch Instrumentalisten waren: Wer kennt denn heute überhaupt noch Nicolas-Charles Bochsa, Gustave Vogt, Stanislas Verroust oder Louis-Emmanuel Jadin, um nur einige der hier Vertretenen zu nennen? Allein Robert Schumann, der mit einer Bearbeitung seiner „Mondnacht“ vertreten ist, fällt da aus dem Rahmen.
Doch auch wenn man keine der hier versammelten Tonkünstler als große Meister kennt, so bietet die Auswahl dennoch manch reizvolles Zeugnis eines untergegangenen bzw. von der Musikgeschichtsschreibung ignorierten Genres. Vom versonnenen „Nocturne“ Bochsas über Henri Brods „Elegie“ bis hin zu Johann Peter Pixis „Romanze“ spannt sich ein weiter Bogen ganz unterschiedlicher Stücke, die dem elegischen Oboenklang huldigen und durchaus einen gewissen Charme haben. Zwar wirkt der Klang der Oboe relativ monochrom, er wird durch die melodiebetonte, unaufgeregte Schreibweise der meisten Stücke aber auch nicht überstrapaziert.
Palmeta spielt ein historisches Instrument noch ohne die komplexe Klappenmechanik heutiger Oboen. Das Instrument klingt sanft und fast ein wenig wie ein Englischhorn. Dazu tritt ein historisches Fortepiano, dass ebenfalls durch seine eher dezenten Farben gefällt und von Oliva Sham auch in zwei reinen Klavierstücken vorgestellt wird. Sehr dienlich ist der kultivierte, sensible Ansatz, mit der die Stücke dargeboten werden.
Sicherlich "special interest", aber musikhistorisch eine aufschlussreiche Perspektive.
Georg Henkel
Trackliste
Gustave Vogt: Vocalises de Crescentini (transkribiert für Oboe) Nr. 1-2
Stanislas Verroust: Aranjuez - Fantaisie espagnole op. 34
Henri Brod: Elegie sur la mort d'un objet cheri
Friedrich Wilhelm Kalkbrenner: Romance op. 121
Johann Peter Pixis: Romanze op. 35
Sigismond Thalberg: Serenade de "L'Amant jaloux" de Gretry
Louis-Emmanuel Jadin: Nocturne a-moll
Robert Schumann: Mondnacht
Besetzung
Olivia Sham, Fortepiano
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |