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Sacroprofano - Geistliche und weltliche Werke
ZWISCHEN DEN WELTEN
Tim Mead, im barocken Fach nicht zuletzt in Händel-Aufführungen viel gefragter Countertenor, wagt sich an ein Vivaldi-Recital, das weltliche und geistliche Werke nebeneinander stellt. Nun steht Meads Tongebung in der britischen Countertradition, die Stimme hat also einen mattierten, weniger blühenden Klang und versucht gar nicht erst, eine Alt- oder Mezzo-Anmutung zu erreichen. Im sängerisch extrem anspruchsvollen "Nisi Dominus" reichen seine Mittel auf dieser Basis zu einer zwar noch intonationssicheren Darbietung, genügen aber nicht, um in den einzelnen Sätzen zur notwendigen Binnendifferenzierung zu gelangen und das so unnachahmliche Wechselspiel von Licht und Schatten, von Dramatik und berückender Süße wirklich zu gestalten. Mead steht dabei Fagioli (Decca, 2018) im opernhaften Ansatz ohnehin näher als der durchgeistigten/durchgearbeiteten Interpretation eines Jaroussky (naive, 2007), bleibt aber letztlich auch hinter diesem zurück, da ihm Fagiolis Durchschlagskraft fehlt. Da hilft es wenig, dass das Orchester Arcangelo manch hübschen Effekt hinzuzaubert.
Das Salve Regina liegt Mead besser und bekommt einen andachtsvollen Ausdruck mit weitgehend überzeugender Tiefenschärfe. Die beiden weltlichen Kantaten hingegen bleiben in ihrem Liebesschmerz und Furor eher vornehm zurückhaltend bis blutarm, was durch gelegentliche Schluchzer (Arie "A ch´infelice sempre" in RV 684) nicht kompensiert wird.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Besetzung
Arcangelo
Jonathan Cohen: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |