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Scala & Kolacny Brothers

Grenzenlos

Info Musikrichtung: Chormusik VÖ: 07.10.2005 (PIAS Recordings) Gesamtspielzeit: 39:46 Internet: http://www.scalchoir.com http://www.pias.com

Hmm, als was soll man diese CD werten?
Als Beweis, dass deutsche Musik nicht nur im Inland Beachtung findet?
Als warnendes Beispiel, dass eine ganze Platte voll mit Coversongs zwar durchaus starken Käuferzuspruch finden kann, aber künstlerisch oft unter den eigenen formulierten Zielen bleibt?
Oder gar als Ausdruck der schon fast unheimlichen Popularität von Rammstein im nahen und fernen Ausland?
Denn diese Band ist auch vertreten auf dem neuen Album des belgischen Mädchenchores Scala unter der Leitung von den Brüdern Kolcany.

100.000 verkaufte Platten ihres Vorgängeralbums Dream On mit neu interpretierten Songs z.B. von Depeche Mode oder Radiohead sind schon eine eindrucksvolle Empfehlung und ein Hinweis, dass "Pop auf Chor" funktionieren kann. Doch auch die Worte "neu interpretiert" liefern Anhaltspunkte auf den Anspruch und die Probleme, die dieser mit sich bringen kann. Denn nach dem Lesen der Tracklist stellt sich gespannte Erwartung und Skepsis ein. Coverversionen kennt man, ob "Like a Prayer" von Madonna oder "Cotton Eye Joe" von Rednex, "neu interpretiert" von den Schlümpfen, immer geht es darum etwas anders zu machen, ein anderes Publikum anzusprechen, etwas neu zu erfinden.

Dies gelingt Scala nicht, doch muss man natürlich fragen, wer das schon geschafft hat… Also lieber zu den konkreten Songs:
"Du trägst keine Liebe in Dir", im Original von Echt, soll hier als echter Anspieltipp aufgeführt werden. Hier funktioniert einfach das Lied an sich, treibt es einem Tränen in die Augen, wenn man Zugang zum Text findet. "Mutter" von Rammstein stellt eine Stimmung her, die zumindest interessant zu nennen ist. Die erste Strophe zieht einen in den Bann, lässt einen auf den Text horchen. Doch Zeilen, wie: "Ich durfte keine Nippel lecken,..." lässt sich mit Ernsthaftigkeit nur schwer von glockenklaren Mädchenstimmen intonieren. "Mensch" von Grönemeyer und "Perfekte Welle" von Juli zeigen, dass einfach nicht allen Liedern auf diese Weise Kraft verliehen werden kann. "Denkmal" dagegen von den Helden ist einfach ein schöner Titel, der live eine ungeheure Kraft hat und mit der Chorinterpretation genauso viel Spaß macht. "Junimond" von Rio Reiser ist wohl der letzte Beweis dafür, dass gute Lieder, wenn sie mit Respekt und Gefühl angegangen werden, nicht kaputt gemacht werden können. Das ist nicht negativ gemeint, ist eher eine Ehrerbietung an Rio Reiser. Der Song hat soviel Kraft, ganz ausschöpfen können die Belgier dies nicht.

Gibt es also eine Antwort auf die Fragen? Wie im wahren Leben ist es von allem etwas und am Schluss etwas ganz Anderes. Ja es kann funktionieren, nein es funktioniert nicht immer, jein, die CD ist ein echter Kauftip. 14 für die Stücke, mehr als einmal ertappt man sich beim Mitsingen, einen gibt's noch dazu für die Liedauswahl, die Gelegenheit gibt bei oft gehörten Songs Neues zu entdecken...

Alexander Kitterer