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Verdelot, Ph. – Palestrina, P. L. da – Desprez, J. (Dulces Exuviae)

Toutes les Nuits

Info Musikrichtung: Renaissance Lautenlied VÖ: 05.01.2023 (Ricercar / Note 1 / CD / DDD / 2022 / RIC 446) Gesamtspielzeit: 69:04

Die Nacht mit ihren vielfältigen Stimmungen und Geheimnissen steht im Zentrum dieses Albums des Duos „Dulces Exuviae“. Bariton Romain Bockler und Lautenist Boris Zuljan haben sich dafür Lieder von Renaissance-Komponisten vorgenommen, von denen eine ganze Reihe auch das titelgebende „Toutes les Nuits“ vertont haben. Buchstäblich die ganze Nacht soll hier erklingen: Das Programm reicht vom abendlichen Zwielicht über die Erfahrungen von Einsamkeit und Traummomenten bis hin zur Beschwörung des Mondlichts und der Morgendämmerung.
Das ist eine schöne Idee und tatsächlich entführen einen die Künstler schon mit den ersten Werke in eine elegisch-versonnene Welt von schattenhaften Nuancen und dunkel-samtenen Klängen. Zuljans dezente Lautenbegleitung und die wohlklingende Stimme Bocklers bringen alle Voraussetzungen mit, um die nocturnen Poesien, die bekannte wie unbekannte Komponisten inspiriert haben, zum Leben zu erwecken.

Allein: Das Ausdruckspektrum der Werke ist begrenzt, lebt mehr von der Unterschiedlichkeit der vertonten Texte als von musikalischer Vielfalt. Schön sind diese Stücke alle, ruhig, melancholisch und meditativ. Aber die Auswahl trägt nicht über die Länge eines ganzen Albums. Nachts sind nicht nur alle Katzen grau, auch die Nacht-Musik wirkt irgendwann eintönig. Die augenzwinkernde Zugabe des arrangierten Beatles-Song „Blackbird“ wirft die Frage auf, ob es vor 300, 400 Jahren nicht auch noch mehr Nachstücke von anderem Temperament gegeben hat.

Man wird diesen erlesen dargebotenen Stücken sicherlich am ehesten gerecht, wenn man sie sich einzeln und in der richtigen Gestimmtheit zu Gemüte führt - vielleicht gerade jetzt, während der dunkelsten Jahreszeit, in den Rauhnächten ...

Georg Henkel