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Silent Dance
Info
Musikrichtung:
Frühbarock / Harfe
VÖ: 07.10.2022 (Accent / Note 1 / CD / 2022 / Artikelnr. ACC 24387) Gesamtspielzeit: 56:20 Internet: Margret Köll |
DREILAGIGE MELANCHOLIE
Die Harfenistin Margret Köll ist nicht nur eine Wanderin zwischen den Welten der verschiedensten Genres, sondern auch eine unermüdlich Suchende wenn es darum geht, der langen Geschichte ihres Instruments auf die Spur zu kommen. Für das Album "Silent Dance" mit Musik von John Dowland und Henry Purcell hat sie eine walisische Tripelharfe nachbauen lassen. Vorbild war ein Instrument des Harfenbauers David Evans von 1736, also eines, das dem seinerzeitigen Klangideal auf den Britischen Inseln maximal nahekommen dürfte. Bei Instrumenten dieser Art sind die Saiten in drei Ebenen angeordnet. Trotz ihrer imposanten Größe produziert die Tripelharfe einen - gerade im Vergleich zu modernen Instrumenten der Gattung - deutlich weicheren Klang mit vielen Schattierungsmöglichkeiten und hat doch noch immer eine erstaunliche klangliche Verwandtschaft zum mittelalterlichen Psalterium. Der Ton ist damit zugleich fremdartig und schmeichelnd.
Gerade richtig, um auf diese Weise die melancholischen Melodien eines John Dowland (1563-1626) oder Henry Purcell (1659-1695) zu Gehör zu bringen. Jedoch: Obwohl die Harfe zu deren Zeit sehr populär war, haben beide keine Stücke hinterlassen, die originär und solistisch auf dieses Instrument zugeschnitten wären. Margret Köll greift daher zum Teil auf Werke für Laute oder Tasteninstrumente zurück, die sich gut auf die Tripelharfe übertragen lassen. Daneben nutzt sie das Verfahren der "Komprovisation", bei dem sie per Improvisationen über das musikalische Material nach und nach eine Sammlung einzelner Elemente gewinnt, um diese bei der Aufführung dann letztendlich wieder improvisierend zusammenzufügen. Das betrifft auf dieser CD vor allem die Songs, bei denen so die Melodielinie in den Instrumentalpart eingewoben wird. Das Ergebnis zeigt sich vollkommen organisch und nicht minder stimmig als etwa die Suiten.
Über all dem liegt der stete Hauch der Melancholie, die dazu einlädt, sich in sie fallen zu lassen und in ihrer schmerzlichen Süße zu verlieren. Das wird einem auf diesem Album besonders leicht gemacht, weil Köll die Musik gelassen, aber nicht sachlich-nüchtern darbietet, das Liedhafte oder Tänzerische stets mitdenkend. Zudem wurde die Aufnahme tontechnisch geschickt so ausgesteuert, dass eine gewisse Wärme entsteht, ohne den feinen Harfenton mit unnötigem Nachhall zu verwischen. Ein feines Album für stille Stunden - nicht nur, aber gerade im Winterhalbjahr.
Sven Kerkhoff
Trackliste
John Dowland: A Fancy; Can she excuse my wrongs; The Frog Galliard; Semper Dowland, semper dolens; Flow my tears; Dowland's Galliard; Farewell; Paduana Lachrymae
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |