····· Wolvespirit verkaufen Bullshit ····· Rock of Ages - Zusatzshows in 2025 ····· Ally Venable veröffentlicht Video zur neuen Single „Do you cry“ ····· Das zweite Album von Wizrd kommt zum Nikolaus ····· 40 Jahre Helloween - Das muss gefeiert werden ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Händel, G. F. (Dunford, Th.)

Eternal Heaven – Arien und Duette aus Oratorien


Info

Musikrichtung: Barock Oratorium

VÖ: 18.11.2022

(Erato / Warner Classics / CD / DDD / 2021 / Best. Nr. CD 5054197196775)

Gesamtspielzeit: 86:25

AUF ENGELSFITTICHEN

Die Mezzosopranistin Lea Desandre veröffentlicht zusammen mit dem Lautenisten Thomas Dunford und dem Ensemble „Jupiter“ ein neues, „himmlisches“ Album. Nach dem vorangegangenen frühbarocken „Amazonen“-Opern-Cocktail folgen die Musiker:innen dieses Mal einem einzigen, hochbarocken Fixstern: Georg Friederich Händel. Und anders als auf dem Vorgängeralbum gibt es auch nur einen Gesangspartner, der zudem gleichberechtigt als Solist zum Zuge kommt: Countertenor Iestyn Davies.
Arien und Duette aus Händels englischen Oratorien bilden den roten Faden des Programms, das, so Ensembleleiter Dunford, eine Art barocke „Westside-Story“ erzählt: Es geht um die Liebe in all ihren (un)glücklichen Facetten aus Distanz und Nähe, Eifer- und Sehnsucht, sinnlichem Begehren und spiritueller Entrückung. Und am „schönsten“ ist es natürlich, wenn so eine Liebe sich tragisch erfüllt und verklärt. Von daher ein ausgesprochen romantisches Projekt, aber frei von dem Kitsch, den das Artwork zunächst befürchten lässt.

Für so ein Unternehmen bietet Händel natürlich reichlich melodietrunkenes Spitzenmaterial. Der ursprüngliche Kontext der Werke tritt notwendig in den Hintergrund. So können unter anderem Arien aus dem idealistisch-christlichen Oratorium „Theodora“ unmittelbar mit solchen aus der dramatisch-frivolen „Semele“ kombiniert werden. Stilistisch gibt es freilich keine nennenswerten Unterschiede und angesichts der schieren Schönheit der Musik überlässt man sich nur allzu bereitwillig dem unablässigen Strom der Inspiration.

Stimmlich blüht Lea Desandre vor allem da betörend, wo sie im Mezzoregister unterwegs ist; zwar sind die vor allem bei den Eröffnungsstücken geforderten Sopranhöhen für sie gut erreichbar, doch verlässt sie dann ein wenig die gestalterische Komfortzone – in den hohen Lagen ist die Stimme klar, jedoch auch kühler und härter.
Durchweg beeindruckt die natürliche Souveränität, mit der sie die verschiedenen, teilweise hochvirtuosen und dann wieder zarten Partien sich zu eigen macht. Nachdem Händel lange Zeit durch allerlei vokale Zusätze immer farbiger und „interessanter“ gemacht wurde – und die Sänger:innen dabei die Grenzen zum Manierierten manchmal überschritten – besticht hier gerade dieser unangestrengte, hingebungsvoll introvertierte Zugang.

Iestyn Davies ist ein typischer britischer Countertenor. Auch er ist ein sensibler Gestalter, dabei jedoch weniger ebenmäßig und expansiv im Ton. Zu den süßen Klängen fügen sich herbe, auch säuerliche Farben. Freilich sorgt dies dramaturgisch für den nötigen Charakter-Kontrast. Am schönsten klingt Davies, wenn er Zeit hat, die Töne sich in Ruhe entfalten zu lassen, wie beim berühmten Solo des David aus Händels „Saul“.

Im Duett mit Desandre gelingen die stärksten Momente auf diesem Album. Insbesondere die Stücke aus „Theodora“ erinnern einen daran, wie diese Musik klingen muss, wie die Sänger:innen hier miteinander auf einer tieferen Ebene kommunizieren müssen. Da wirken Lisette Oropesa und Paul-Antoine Benos-Dijan auf der jüngst beim selben Label erschienenen Gesamtaufnahme dieses Oratoriums weit weniger verbunden miteinander. Desandre und Davies lassen die Zuhörenden dagegen nicht erst nach dem finalen „To thee thou glorious son of worth / To thee, whose virtues suit thy birth“ ergriffen zurück. (Wie beim Vorgängeralbum "Amazone" folgt mit angemessenem Pausenabstand dann noch eine moderne Nummer als Überraschungsbonus.)

Das solistisch besetzte Ensemble „Jupiter“ bleibt der Musik nichts an sinnlicher Delikatesse und Ausdrucks-Schattierungen schuldig – es trägt die beiden vokalen Kolleg:innen buchstäblich wie auf Engelsfittichen und hat an der überzeugenden Gesamtwirkung wesentlichen Anteil.



Georg Henkel

Trackliste

Arien & Duette aus Ode for the Birthday of Queen Anne HWV 74, Theodora HWV 68, The Choice of Hercules HWV 69, Hercules HWV 60, Semele HWV 58, Solomon HWV 67, Susanna HWV 66, Saul HWV 53, Joseph and his Brethren HWV 59, The Triumph of Time and Truth HWV 71, Occasional Oratorio HWV 62, Esther HWV 50; Sarabande aus Suite HWV 437

Besetzung

Lea Desandre, Iestyn Davies

Jupiter

Thomas Dunford, Laute und Leitung
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger