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Kaiser Constantin I. Feldzug und Sieg
Info
Musikrichtung:
Frühklassik
VÖ: 04.11.2022 (Accent / Note 1 / 2 CD / 2016 / Artikelnr. ACC 26504) Gesamtspielzeit: 91:39 Internet: Purcell Choir & Orfeo Orchestra |
IN DIESEM ZEICHEN
Noch immer steht das umfangreiche Schaffen von Johann Michael Haydn (1737-1806) im Schatten seines Bruders Joseph, obwohl der Einfluss des in Salzburg wirkenden Komponisten gerade auf die Entwicklung Mozarts nicht zu unterschätzen ist und viele seiner Symphonien höchst originelle Einfälle aufweisen. Doch auch in seiner geistlichen Musik findet sich manch Schönes. Daneben indes, es lässt sich nicht leugnen, ruht in den Archivregalen auch viel Massenware aus Michael Haydns Feder, der an schlechten Tagen durchaus ein arger Skalen- und Phrasendrescher sein konnte.
Aus den Tiefen der in Budapest lagernden Bestände wurde erst vor einigen Jahren das bis dato als verschollen geltende (Fasten-)Oratorium "Kaiser Constantin I. Feldzug und Sieg" gehoben. Fünf allegorische Figuren (Theologie, Kleinmütigkeit, Philosophie, Glaube und Tapferkeit) besingen hier die Geschichte um jenen römischen Kaiser, durch und mit dem das Christentum von einer Untergrundbewegung zur staatstragenden Religion wurde. Dass die ungarische Kulturpolitik, die so verzweifelt um Gleichschaltung und um Erhöhung des Landes als Bollwerk des christlichen Abendlandes bemüht ist, diese Produktion nach Kräften gefördert hat - ein Schelm, wer Böses dabei denkt...
In dem Stück überrascht Michael Haydn mit durchaus eigenwilligen Ideen, einer individuellen Vermischung von Da-Capo- und Dal-Segno-Arien, vor allem aber mit einer Eigenständigkeit und Bedeutung der Bllasinstrumente, unter denen er gerade der Trompete und dem Horn gewichtige Teile anvertraut. Leider kommen Letztere in dieser Einspielung mit dem Alte-Musik-Profi György Vashegyi zumeist etwas behäbig daher, obwohl ansonsten engagiert und im Streicherapparat auch druckvoll musiziert wird.
Ein strukturelles Problem besteht darin, dass die besagten allegorischen Figuren allesamt von Sopranistinnen verkörpert werden, der vokale Abwechslungsreichtum also stark begrenzt ist. Da zudem über weite Strecken tatsächlich frühklassische Konfektionsware angeboten wird und man auf die starken kompositorischen Momente oftmals lange warten muss, erlahmen Aufmerksamkeit und Wohlwollen rasch. Hierzu trägt auch der Umstand bei, dass die Textverständlichkeit stark zu wünschen übrig ist, der Hörer sich also damit begnügen muss, den vokalen und instrumentalen Girlanden als solchen über 90 Minuten zu folgen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Besetzung
Purcell Choir
Orfeo Orchestra
György Vashegyi: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |