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Acis et Galatée
Info
Musikrichtung:
Barock Oper
VÖ: 14.10.2022 (Aparté / Harmonia Mundi / 2 CD / DDD / 2022 / Best. Nr. Aparté 269) Gesamtspielzeit: 100:00 |
MIT FEINSCHLIFF
Anders als die übrigen Opern von Jean-Baptiste Lully ist „Acis et Galatée“ keine Musiktragödie, sondern eine „heroische Pastorale“ – also etwas leichter im Ton und Anspruch. Sie hat auch nur drei statt fünf Akte, unterscheidet sich aber ansonsten nicht grundlegend von den übrigen Bühenwerken des Komponisten.
Mit der Figur des Zyklopen Polyphem, der von neckischen Hirtenflötchen begleitet auf der Bühne herumpoltern darf, gibt es nach langer Abstinenz aber wieder einmal einen komischen Charakter auf der Bühne – der freilich ein wilder und reizbarer Geselle ist und den armen Hirten Acis am Ende mit einem Felsbrocken erschlägt. So viel Tragik muss auch im idyllischen Arkadien sein, wo bleibe denn sonst die Spannung! Und die entsprechende Musik: Für die ergreifende Klage der Galatée und das großdimensionierte hymnische Passacaille-Finale, nachdem der Hingemordete durch Neptuns Götterspruch in einen unsterblichen Fluss verwandelt wurde, gäbe es sonst ja auch keinen Anlass. Wie überhaupt die Partitur bei aller Lully-typischen Einfachheit voller schöner und durchaus raffinierter Musik steckt – da bei der Uraufführung im Château d’Anet keine aufwändige Bühnenshow möglich war, investierte Lully in die Musik.
„Acis et Galatée“ wurde bislang sehr selten und zuletzt 1996 von Marc Minkowski und den Musicens du Louvre eingespielt. Jetzt folgt Christophe Roussets Version, der das Werk lebendig, präzise und von einem unwiderstehlichen rhythmischen Puls getragen serviert. Da hängt nichts durch und der musikalische Faden reißt nicht ab. Gleich die Ouvertüre setzt im wahrsten Sinne das Vorzeichen vor die neue Produktion, sie verbreitet festlichen Glanz und höfische Strenge.
Auch stimmlich trumpft diese Einspielung mit eine erlesenen Besetzung auf: Der jugendlich-edle Acis von Cyril Auvity, die mal empfindsame, dann wieder leidenschaftliche Galatée von Ambroisine Bré und der kernige Polyphème von Edwin Crossley-Mercer bilden ein bestens aufeinander abgestimmtes vokales Dreieck, um das herum auch die weiteren sehr guten SängerInnen sich ebenso sing- wie deklamationsfreudig gruppieren.
Maßstäblich auch wieder der Choeur de Chambre de Namur, der die diversen Kollektive mit immer neuen Schattierungen verlebendigt, ebenso wie das mit diversen Perkussionsinstrumenten angereicherte Orchester.
Fazit: Rousset und sein Ensemble präsentieren dieses kleine große Juwel des französischen Hochbarocks ausgesprochen lebendig und mit elegantem Feinschliff! Dieser Interpretation hätte auch der für seinen Perfektionismus gefürchtete Lully seine Anerkennung gewiss nicht verweigert!
Georg Henkel
Besetzung
Choeur de Chambre de Namur
Les Talens Lyriques
Christophe Rousset, Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |