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Klavierkonzerte Nr. 20 & 24
Info
Musikrichtung:
Wiener Klassik
VÖ: 19.09.2005 Sony Classical / Sony (CD, DDD (AD: 2005) / Best.nr. 82876722982) Gesamtspielzeit: 56:38 Internet: Sony Classical Martin Stadtfeld |
JUNG, EIGENSINNIG, TROTZIG - STADTFELD EROBERT SICH MOZART
Nachdem der junge Pianist Martin Stadtfeld 2004 mit seiner Interpretation von Bachs Goldbergvariationen die Hitparaden stürmte, widmet er sich nun Mozarts Klavierkonzerten in moll. Dass dem Marketing dabei nicht mehr einfällt, als Stadtfeld photographisch immer wieder als Glenn Gould II. zu inszenieren, ist bedauerlich (zumal dieser bekanntlich gerade mit Mozart wenig anzufangen wusste...). Dieser Künstler geht nämlich durchaus selbstbewusst seinen ganz eigenen Weg.
Er erzielt hier z.B. mit seinem bisweilen fast schon pointillistischen Spiel auf dem modernen Flügel eine solche Nähe zum Hammerklavier, dass er dessen herben Klangcharakter mit den technischen Vorteilen des tatsächlich gewählten Instruments perfekt vereint. Insgesamt ist sein mit feinsinniger Genauigkeit dargebotener Mozart kein gemütlicher Wiener Klassiker. Aus der Melancholie, die über diesen beiden Konzerten liegt, lässt Stadtfeld stattdessen ganz schlüssig reichlich aggressiven Trotz erwachsen. Ein romantisch-elegisches Ausschwingen der Bögen sucht man bei ihm vergebens, aber die Kraft, die den Werken dadurch zurückgegeben wird, überzeugt.
Indes werden die Mittelsätze vergleichsweise zügig angegangen, so dass der Kontrast zu den Ecksätzen verflacht. Zudem lässt der Solist hier eine demonstrativ lässige Distanziertheit hören, mit der dem Charakter dieser Sätze ganz sicher nicht beizukommen ist.
Besonders gelungen ist hingegen Stadtfelds eigene Kadenz zum c-moll-Konzert, in der er eine tiefgründige Auseinandersetzung nicht allein mit dem thematischen Material, sondern mit dem Wesensgehalt der Musik vollzieht - Virtuosität, Ironie und Nachdenklichkeit gehen dabei Hand in Hand.
Mit Bruno Weil, einem auf dem Gebiet der historischen Aufführungspraxis äusserst erfahrenen Dirigenten, hat der Pianist zudem einen Partner gefunden, der seinen Interpretationsansatz aufgreift und im Orchester weiterführt. Wenngleich die Streicher des NDR Sinfonieorchesters ein wenig mehr Schärfe hätten einsetzen dürfen, so ist doch eine Detailfreude und Artikulation zu bemerken, die weit über das gewöhnliche Maß hinausgeht. Nur schade, dass die Tontechnik einmal mehr den Solisten derart in den Vordergrund rückt, dass das Orchester bisweilen zur bloßen Hintergrundfläche verkommt.
Stadtfeld ist es gelungen, der Vielzahl von Einspielungen dieser Mozart-Konzerte eine erkennnisreiche und bei aller Eigenwilligkeit wirklich hörenswerte Interpretation hinzuzufügen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
(Kadenz: Martin Stadtfeld)
1. Allegro 14:44
2. Larghetto 06:27
3. Allegretto 07:23
Klavierkonzert Nr. 20 d-moll, KV 466
(Kadenz Ludwig van Beethoven)
4. Allegro 12:18
5. Romance 08:23
6. Alegro assai 07:23
Besetzung
NDR Sinfonieorchester
Ltg. Bruno Weil
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |