Reviews
Hanna-McEuen
Info
Musikrichtung:
Country / New Country
VÖ: 16.08.2005 (Dreamworks) Gesamtspielzeit: 42:10 Internet: http://www.hannamceuen.com |
Jaime Hanna und Jonathan McEuen haben nicht nur als Söhne von Gründungsmitgliedern der legendären Nitty-Gritty-Dirt-Band Musik im Blut, sondern sie haben auch verwandtes Blut, denn ihre Mütter sind Zwillingsschwestern; folglich sind sie Cousins. Soviel zu den Verbindungen zueinander und zur Musik, wobei die bevorzugte Musikrichtung der beiden nicht von Anfang an die Countrymusik war. Erst durch die Mitarbeit bei den Bands der Väter bzw. bei Raul Malo und den Mavericks kam man Nashville ein wenig näher, und zwar nah genug, um mit der ersten Veröffentlichung aus dem Album die Charts zu erklimmen.
Im Einzelnen:
Rockig-poppig geht es mit "Fool around" los. Die Drums scheppern, die Gitarren zerren, und ein angenehmer Satzgesang zieht die Hörer in seinen Bann. Gute Laune kommt auf, wenn man schon die ersten Parallelen zu den bereits erwähnten Mavericks zieht, denn flotte Grooves und hervorragender Gesang waren auch deren Markenzeichen. "Blue sunrise" wird durch Tex-Mex-Feeling und twängige Gitarren geprägt, und auch der bekannte Schmachtfaktor von Raul Malo findet hier Einzug, wenn Hanna und McEuen ihren bemerkenswerten Gesang präsentieren, bei dem die Stimmen eng beieinander liegen und fast wie gedoppelt klingen. Trotzdem prägt der Gesang, der teilweise an Big & Rich erinnert, die Harmonie des Songs. "Read between the lines" lebt vom Minimalismus, denn neben der Akustikgitarre braucht es nicht viel, den Song einzuleiten, bevor sich ein Drumset und eine Harmonica dazugesellen dürfen. Getrost kann man das Konzept des Liedes als traditionell bezeichnen. Fast könnte man meinen, die Väter hätten diesen Song noch in der Schublade gehabt. Aber weit gefehlt, denn an jedem der Werke auf diesem Album sind die Interpreten selbst beteiligt. Dies gilt natürlich auch für "Something like a broken heart", dass als Vorabveröffentlichung bereits für die ersten Lorbeeren sorgen konnte, und das nicht ohne Grund, denn auch hier wird Harmonie groß geschrieben. Doch auch die Freunde poppig-angehauchter Countrysongs finden dies Lied nach ihrem Geschmack; ein Song, der niemandem wehtun kann und vielen gefällt. So etwas braucht man für die Charts.
Eine große Tasse Harmonie gibt es ebenfalls bei "End of me", dass gesanglich z.B. an die Everly Brothers erinnern kann (um nicht immer Raul Malo und die Mavericks ins Spiel zu bringen). Dieser Raul Malo hat sich übrigens bei "Tell me" eingebracht, und wie man Mr. Malo kennt, sind die Grenzen der Countrymusik alles andere als statisch, und so entstand hier ein nettes Stückchen Popmusik mit flockig-groovenden Drums und "gezogenem" Gesang, bei dem die Füße der Hörer durchaus einmal zucken dürften und der Kopf ein leichtes rhythmisches Nicken vernehmen lässt.
"Wild eyes" hat etwas von der gesanglichen Knackigkeit der Herren Big & Rich und ist auch im Rhythmus etwas attackierender, obwohl Tempowechsel den Song ein wenig durchschütteln. Also geht es auch mal jenseits der Schmusegrenze. Diese wird jedoch bei "Prayer for you" wieder in Gegenrichtung übertreten. Erneut ist es eine Gitarre, die den Background liefert, vor dem eine sehr ruhige und gefühlvolle Ballade präsentiert wird. Genau das richtige für romantische Abende am Kamin. "Is it only me" erinnert in Groove und Instrumentierung ein wenig an Chris Isaac und lässt dem Song keine Ecken und Kanten. Wie aus einem (Zucker)guss oder durch einen Weichzeichner schmeichelt er sich aus den Boxen. Dies führt jedoch auch dazu, dass er keinen dauerhaften Eindruck beim Hörer hinterlässt. "Someone else" hat da doch wenigstens einen Groove, der vom Schlagzeug markiert wird, da die Gitarren wieder mit Chorus und Slide-Effekten arbeiten.
Wenn ein Titel "Rock and a heartache" heißt, dann erwartet man ein bisschen knackige Musik, und wie bestellt kommt sie prompt aus den Speakern. Das führt sogar dazu, dass man eine Hammond B3 mit ins Studio genommen hat, die in der Countrymusik normalerweise soviel zu suchen hat wie das Huhn im Badezimmer. Dies soll das Lied nicht diskreditieren, denn welche Charts hiervon erobert werden, ist egal. Die Hauptsache ist, dass man es dahin bringt. Es rockt, es rollt, es lebt, atmet und schnauft. Das Lied hat Energie, erinnert in Passagen an das legendäre Sir-Douglas-Quintett und macht schlichtweg Spaß. So soll´s sein, auch wenn einige Countrypuristen beim Zuhören in den Stetson beißen dürften. Als Schlusspunkt ist mit "Ocean" wieder ein Weichspüler an der Reihe und erinnert an die traumhaften Balladen der großen Rockbands, die kaum zu übertreffen sind. Dazu braucht man jedoch nicht nur den wie immer perfekten Gesang der Herren Hanna und McEuen, sondern auch einen Flügel und ein paar Streicher, die das Werk auf Hollywood-Streifen-Niveau bringen. Auch bei diesem Lied könnte man am Bug der Titanic stehen und sich als König der Welt fühlen (aber leider nur vier Minuten lang).
Fazit:
Hanna-McEuen, die neben James Stroud auch als Produzenten in der Pflicht standen, dürfen als die wahren Erben von Raul Malo und den Mavericks angesehen werden, denn was Grooves, Instrumentierung und Gesang angeht, passt so gut wie alles zueinander. Bei Big & Rich klang vieles ein wenig härter als hier, und die Everly-Brothers hatten ebenfalls nicht so sanfte Stimmen, die in dezenter aber absolut perfekter Harmonie ihre Songs präsentieren. Es ist jedoch nicht einfach, den Stil der beiden festzulegen. Vom Grunde her ist es Country, mischt sich aber mit Pop-Elementen und eine Prise Südstaaten. Doch warum sich zwei junge Musiker von Genres oder Stilelementen aufhalten lassen?
Die beiden machen ihre Musik und man kann froh sein, dass die Countrymusik so breit gefächert ist, dass sie auch diesem Duo eine Heimat bietet. Wer auf musikalische Harmonie steht, sollte sich dies Album einmal anhören, denn es bietet viele schöne und auch hitverdächtige Songs, und man darf davon ausgehen, dass Hanna und McEuen uns für längere Zeit erhalten bleiben „... und das ist gut so!“
Lothar Heising
Trackliste
1 | Fool around | 3:22 |
2 | Blue sunrise | 3:34 |
3 | Read between the lines | 3:30 |
4 | Something like a broken heart | 3:52 |
5 | End of me | 2:32 |
6 | Wild eyes of love | 2:54 |
7 | Prayer for you | 3:45 |
8 | Is it only me | 3:54 |
9 | Someone else | 4:03 |
10 | Tell me | 3:13 |
11 | Rock and a heartache | 3:24 |
12 | Ocean | 4:07 |
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |