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Reviews

Sarasin

Sarasin


Info

Musikrichtung: Metal

VÖ: 26.02.2016

(Pure Steel / Soulfood)

Gesamtspielzeit: 39:49

Internet:

http://www.sarasin.ca

Jawohl, Sarasin, nicht Sarrazin: Als diese kanadische Metalband in den Achtzigern ihr Schaffen begann, war ein gewisser Thilo S. der Allgemeinheit praktisch noch unbekannt. 1987 entstand eine EP namens Lay Down Your Guns, was aber das einzige Zeugnis des frühen Bandschaffens blieb. Ob die Formation aus Hamilton, Ontario tatsächlich die ganze Zeit durchgespielt hat oder wie viele andere Combos der eher traditionsmetallischen Zunft zwischenzeitlich für Jahre oder Jahrzehnte ihre Aktivitäten eingestellt hatte, läßt sich aus den vorliegenden Informationen nicht eindeutig ergründen. Jedenfalls starb anno 2012 Bassist Rob Grant, und das stellte die Initialzündung für die anderen Bandmitglieder dar, endlich nochmal zu Potte zu kommen, was das Einspielen neuer Tonkonserven angeht. Ergo wurden anno 2014 neun Songs für einen selbstbetitelten Silberling aufs Band gebracht, sechs davon noch mit Reno D’Agostino am Baß, die anderen drei mit Les Wheeler, der auch auf dem Bandfoto zu sehen ist, also offensichtlich die vakante Position dauerhaft besetzt hat. Bandkopf und einzig verbliebenes Urmitglied Greg Boileau zeichnete noch für die komplette Gitarrenarbeit alleinverantwortlich, hat mittlerweile aber mit Jim Leach einen Instrumentenkollegen an seiner Seite, was gerade für die Livewiedergabe diverser zweistimmiger Passagen nutzbringend sein dürfte. Leach wiederum wird im Promosheet genannt, ist aber auf dem Album selbst noch nirgendwo vermerkt. Selbiges fand im Erzgebirge Aufmerksamkeit, und so kamen die knapp 40 Minuten Musik letztlich bei Pure Steel Records heraus.
Was sich nur dem detaillierten Bandkenner erschließt, ist der Aspekt, ob es sich hier um neue Kompositionen handelt oder um solche, die irgendwann in der Bandgeschichte mal entstanden sind – oder um einen Mix aus beiden. Beim Hören offenbart sich nämlich ein gewisses Kuriosum: Wenn Sarasin auch als LP mit gleicher Songreihenfolge erscheinen würde, so unterschiede sich die A-Seite markant von der B-Seite. In den ersten vier Songs hören wir urwüchsigen Traditionsmetal mit einem leicht kauzigen Touch und gewissen Neigungen zum Epic Metal, letzteres trotz eher kompakter Songlängen und Viereinhalb-Minuten-Durchschnitt. „In Our Image“ und „Now“ rufen an einigen Stellen Erinnerungen an eine andere Kanada-Legende hervor, nämlich Thunder Rider, und trotz grundsätzlich anderer Stimmfarbe liegen Michael Wilson und John Blackwing gesanglich gar nicht mal so weit auseinander. „Enemy Within“ wiederum beinhaltet Passagen, die man in ähnlicher Form von Armored Saints „Reign Of Fire“ kennt, ohne dass man hier freilich einen Ideendiebstahl diagnostizieren muß. Einziger Song der A-Seite, zu dem zumindest dem Rezensenten spontan kein Vergleich einfällt, ist der Opener „The Hammer“, zu dem auch ein Video gedreht wurde, ohne dass er sich aber qualitativ von seinen Seitenbrüdern abheben würde – die A-Seite hält durchgehend ein gutklassiges Niveau ohne High- oder Lowlights.
Mit „Soul In Vain“ startet die imaginäre B-Seite – und wir müssen uns hier nochmal an den Vergleich mit Armored Saint erinnern. Die schafften es beispielsweise auf Symbol Of Salvation, groovigen Metal so zu spielen, dass er das Feeling von traditionellem Metal erhielt und dadurch auch für Fanatiker genießbar wurde, die jegliche Modernismen im Metal sonst scheuen wie der Teufel das Weihwasser. So etwas Ähnliches versuchen Sarasin auf der B-Seite in noch stärkerem Maße, und so entsteht ein eigentümlicher Mix aus den Black-Sabbath-Jüngern der Neunziger und einigen traditionellen Einsprengseln, wobei Instrumentierung und Sound grundsätzlich im echten Metal verbleiben. Schon „Soul In Vain“ darf als prototypisch für diese Herangehensweise gewertet werden, zumal Drummer Roger Banks hier auf moderne Verschleppung setzt und nur im Hauptsolo wieder ganz geradlinig nach vorne spielt und dort puren Traditionsmetal entstehen läßt. „Sinkhole“ wendet dieses Schema gleich nochmal an, ergänzt es aber um einen Chorpart, der vom Feeling her auch auf eine Magnum-Scheibe gepaßt hätte. „Live To See The Glory“ bewegt sich dann noch weiter in Richtung Neunziger, kombiniert einen rhythmisch recht komplizierten härteren Einleitungsteil mit einer halbballadesken hinteren Hälfte und wäre auch im Repertoire einer Combo wie Civil Defiance nicht deplaziert gewesen. „Forevermore“ ist natürlich keine Whitesnake-Coverversion, stellt aber trotzdem den stilistischen Ausreißer der B-Seite dar: Ein Intro mit doppelläufigen Gitarren, das auch Mark Reale hätte erdenken können, mündet in recht geradlinigen Melodic Metal, der allerdings auch mehrfach von etwas moderneren Elementen unterbrochen wird, nämlich einer längeren Bridge, die die Dio-Black Sabbath in die Neunziger zu übersetzen versucht, und dem Gitarrensolo, in dem Banks wieder sehr vielfältig trommelt, was er dann auch im letzten Gesangspart und im Outro tut. Mit „Wake Up“ schließt der zweitlängste Song der Scheibe selbige ab, bietet in den fünf Minuten rhythmusseitig eine Variation von Blue Öyster Cults „Veteran Of The Psychic Wars“, kann sich allerdings gitarrenseitig nicht zwischen Accept, Black Sabbath und Grunge entscheiden und schwankt in seiner Einschätzung je nach Tagesform des Hörers zwischen „genial“ und „langweilig“. Die etwas einfallslose Ausblendung macht aber in jeder Lage wenig Hörspaß, zumal es die auch gleich im Opener „The Hammer“ schon gegeben hat, so dass der Ouroboros vom Cover eine paradoxe musikalische Entsprechung findet.
Wie soll man diese Scheibe nun aber bewerten? Sarasin geben sich in den technischen Disziplinen keinerlei Blöße, und schon Wilsons Stimme sorgt dafür, dass man sie sowohl in den traditionelleren als auch in den moderneren Songs wiedererkennen kann. Falls es sich tatsächlich um ein Songsammelsurium aus verschiedensten Phasen der Bandgeschichte handeln sollte, könnte das den Hintergrund für die stilistische Vielfalt darstellen, und somit bliebe dann gespannt abzuwarten, wie das zweite Studioalbum Raise The Pain, das bisher nicht hier im Player gelegen hat, klingt. Für beinharte Traditionalisten ist Sarasin jedenfalls nur partiell geeignet, wohingegen Modernisten gleichfalls ihre Probleme haben werden, so dass Sarasin möglicherweise zwischen allen Stühlen sitzen, es umgekehrt aber auch schaffen könnten, aufgeschlossene Anhänger beider Lager anzusprechen. Das freilich haben auch die erwähnten Armored Saint schon nicht so richtig hinbekommen ...



Roland Ludwig

Trackliste

1The Hammer4:04
2Enemy Within4:44
3In Our Image3:27
4Now4:47
5Soul In Vain4:35
6Sinkhole5:04
7Live To See The Glory3:58
8Forevermore4:05
9Wake Up5:01

Besetzung

Michael Wilson (Voc)
Greg Boileau (Git)
Les Wheeler (B)
Roger Banks (Dr)
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger