Reviews
Lautensuiten aus "Delitiae Testudinis" u. a.
Info
Musikrichtung:
Barock Laute
VÖ: 03.06.2022 (Linn / Note 1 / CD / DDD / 2021 / Best. Nr. CKD 679) Gesamtspielzeit: 72:39 |
LAUTENFREUDEN
Das Lautenist und Komponist Esaias Reusner, der 1679 im Alter von nur 43 Jahren starb, war eine Ausnahmerscheinung: kompositorisch mit allen polyophonen Wassern gewaschen und mit der nötigen fingerbrecherischen Virtuosität gesegnet, spricht gleich seine erste Veröffentlichung "Delitiae Testudinis" (1667) von großer künstlerischer Reife.
Die Sammlung hält, was der lateinische Titel verspricht: Reusner teilt seine "Freuden der Laute" generös - sofern man als Ausführender über angemessene technische wie musikalische Fähigkeiten und als Hörender über genügend Sensibiltät verfügt, um die feinen Nunancen und reichen Texturen zu würdigen, die der Komponist so selbstverständlich ausbreitet.
Reusners Kunst schlägt nie um in Künstlichkeit, wirkt nie überfrachtet. Der Komponist erweist sich zudem immer wieder als Erfinder, sei es, dass in "Delitiae Testudinis" überhaupt das erste Mal Stücke in Suitenform gedruckt wurden, sei es, dass er verschiedene, auch ältere musikalische Formen schöpferisch zur Synthese bringt.
Der renommierte Lautenist William Carter hat eine Auswahl von Reusners Stücke aus der besagten Sammlung wie anderen Quellen eingespielt - und gewinnt Reusner damit sicherlich weitere Hörer. Carter schwärmt zu Recht von der Schönheit der Sarabanden, die mitunter Ohrwürmer von G. F. Händel vorwegzunehmen scheinen. Oder von Reusners Kunst der Variation, wie sie in der herrlichen und weit ausladenden Chaconne "de Mr. de Launay" erblüht.
Carter meistert das vielstimmige kontrapunktische Geflecht, schattiert dynamisch und farblich überzeugend, so dass die komplexe Musik in ihrer Musikalität unmittelbar zur Geltung kommt. Da meint man oft, sogar zwei Lauten zu hören und staunt, wie dieser Eindruck wohl zustande kommt. Die Kunst perspektivischer Illusion ist freilich ebenso barock wie ein gewisser schwärmerisch-melancholischer Ton.
Eine sehr einnehmende Aufnahme!
Georg Henkel
Trackliste
Pieces F-Dur (Präludium & Chaconne, ou Cascades de Mr. de Launay)
Allemande aus Suite VI e-moll
"Wir glauben all an einen Gott" aus Hundert geistliche Melodien evangelischer Lieder
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |