Reviews
On The Edges 1
Info
Musikrichtung:
World Music/Jazz-Fusion
VÖ: 18.03.2022 (BMC) Gesamtspielzeit: 57:22 Internet: http://www.transeuropeexpress-ensemble.com/edges.html https://bmcrecords.hu/en |
Der Kölner Jazzpianist Hans Lüdemann fiel mir 2017 mit seinem Trio Ivoire bereits angenehm auf, mit der Platte Desert Pulse. Seinerzeit erkundete man die Verbindungen zwischen Jazz europäischer Prägung und der Musik Westafrikas. Diese ist mit der neuen Platte On The Edges 1 nicht zu vergleichen. Denn mit dem TransEuropeExpress Ensemble , diesem deutsch-französischem Jazz-Ensemble, begibt man sich thematisch zwar auch nach Afrika, durch die Zusammenarbeit mit dem marokkanischen Musiker, Komponisten und Sänger Majid Bekkas, doch ist der Aufbau der Songs ein anderer.
Der Auftakt, der Song "Lamjarred", eine Komposition von Majid Bekkas, wird von diesem gesungen und entscheidend gestaltet, sehr stark an die Musik seiner Heimat Marokko angelehnt. Und der Jazz umspielt diesen folkloristischen Kern frei fließend. Der tänzelnde Rhythmus wird von einer arabischen Melodie durch die Bläser unterstützt. Hierbei purzeln bei mir etliche Assoziationen, sei es Musik von Abdullah Ibrahim (Dollar Brand) oder auch die in dieser Richtung gespielten Arrangements des Willem Breuker Kollektiefs. Dazu passt natürlich auch dieser herrliche Ausbruch des Saxofons zum Schluss des Songs, bis an die Grenzen des Free Jazz.
Flirrende Klänge läuten die "Sahara Variations" ein, wesentlich mitgestaltet vom Gitarristen Ronny Graupe, bis dann die Folklore die Oberhand gewinnt und das Spiel des Oud, stark orientiert an Musik von Rabih Abou-Khalil, den Sound gestaltet, kurz, denn die Jazz-Passagen melden sich zu Wort und nach und nach findet eine Verschmelzung statt. Das ist vortrefflich gelungen, und bereits jetzt kann man den sehr hohen Individualitätsgrad dieser Musik hervor heben. Zum Gesamtbild tragen wesentlich alle Musiker bei, hervorheben möchte ich insbesondere den Gitarristen Graupe, der durch sein sehr eigenwilliges Spiel imponieren kann.
Wie ein roter Faden zieht sich die Melange der Klänge Marokkos und des Jazz durch die Musik, und die Arrangements sind meist stark in Richtung Big Band orientiert, und zusammen ergibt das mitreissende und teils ungewöhnliche Bearbeitungen mit mitunter befremdlich wirkenden Ausdruck. Und genau das ist es, was die Musik so herrlich unkonventionell erscheinen lässt. Es treffen verschiedene Elemente und Aspekte aufeinander, plötzlich auch unerwartet, wenn in einer Passage beispielsweise der Klang einer Violine ertönt, an einer Stelle, wo man sie nicht erwartet hätte. Dann wieder sind es repititive Phasen, die tranceartige Stimmungen verbreiten, plötzlich abgelöst durch freies Dahinfließen, und dieses wird dann sehr deutlich in der auf fünf Teilen angelegten Suite "On The Edges". Diese ist zudem ein wesentliches Kernstück der Platte.
Einst fuhr durch Europa der ganz besondere Zug mit dem Namen TEE (=Trans-Europ-Express), es gibt ihn nicht mehr, doch etwas ganz besonderes ist auch das Hans Lüdemann TransEuropeExpress Ensemble! Und - wird es einen Nachfolger geben? (On The Edges 2)
Trackliste
2 Sahara Variations (6:50)
3 Yaya (5:56)
4 On the Edges 1, part I (1:15)
5 On the Edges 1, part II (6:29)
6 On the Edges 1, part 3 (4:47)
7 On the Edges 1, part IV (2:11)
8 On the Edges 1, part V (8:26)
9 Zwickmühlen (Seesaw) (7:45)
10 Ashura (4:38)
Besetzung
Yves Robert (trombone)
Alexandra Grimal (soprano & tenor saxophones)
Silke Eberhard (alto saxophone, clarinet, bass clarinet)
Régis Huby (violin)
Ronny Graupe (guitar)
Sébastien Boisseau (double bass)
Dejan Terzic (drums, percussion)
Featuring Majid Bekkas (oud, guembri, voice)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |