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Nouvelle Symphonie
Info
Musikrichtung:
Barock Instrumental
VÖ: 22.04.2022 (CVS / Note 1 / CD / DDD / 2021 / Best. Nr. CVS062) Gesamtspielzeit: 64:58 |
BACK TO THE ROOTS
Mit einer großen Rameau-Gala hatte das von Marc Minkowski gegründete Ensemble „Les Musiciens du Louvre 2002 sein erstes großes Jubiläum gefeiert. Aus dem Event wurde dann eine Art imaginäre Rameau-Sinfonie destilliert, die seitdem unzählige Male auf den Konzerprogrammen stand und sogar auf LP veröffentlicht wurde. So ist es nicht ganz unpassend, dass das Ensemble 2022 seinen 40. Geburtstag ebenfalls mit dem großen französischen Barockmeister begeht. Tatsächlich hat Rameau niemals mehrsätzige Sinfonien im Sinne der (Früh)Klassik komponiert – einfach, weil dieses Genre in Frankreich damals kaum auf Resonanz traf. Akzeptiert waren hingegen Tanzmusik oder kürzere Orchesterstücke, um eine Opernszene musikalisch zu illustrieren. Von beidem hat Rameau reichlich und in bester Qualität hinterlassen. So hat jeder Interpret die Qual der Wahl, wenn er ein sinfonisches Menü aus lauter Einzelsätzen arrangieren möchte.
Minkowski hat sich für größere Auszüge aus „Castor et Pollux“, „Les Indes Galantes“ und „Les Paladins“ entschieden, denen er Einzelsätze aus diversen anderen Opern und Balletten Rameaus beigesellte. Als augenzwinkernde Referenz an Gustav Mahler hat er außerdem noch einige vokale Partien in diese „Nouvelle Symphonie“ eingefügt, darunter das nur selten zu hörende „Nature, Amour, qui partagez mon coeur“ aus der ersten Fassung von „Castor et Pollux“, dem schon Claude Debussy Bewunderung zollte. Nicht weniger eindrucksvoll sind die Soli, die Rameau seinem tragischen Inka-Hohepriester Huascar schenkte – für ein ansonsten eher leichtes Genre, die Ballett-Oper „Les Indes Galantes“, schuf der Komponist das wahrhaft erhabene Portrait eines tragischen Anti-Helden. Hier wie auch sonst agiert der französische Bariton Florian Sempey mit geschliffener Diktion und präzis fokussierter Gestaltung. Mit seinem jugendfrischen, leuchtenden Organ verleiht er Rameaus Figuren Größe und Stärke auch in Momenten des Zwiespalts und Todesgefahr, wie der Monolog des Castor oder des Anténor aus „Dardanus“ beweisen. Aber auch der Humor kommt nicht zu kurz, wenn der trottelige Domestik Orcan sich in den "Paladins" durch seine "Messer"-Arie zittert.
Das Orchester musiziert seinen Rameau gleichsam aus dem Handgelenk, ohne routiniert zu wirken. Spieltechnisch ist alles ausgefeilt, klingt knackig und prickelnd, aber auch lyrisch-fließend, wo nötig. Die Feuerwerksmusik aus der Ouvertüre zu „Achante et Céphise“ sprüht in erlesenen Rokoko-Farben; ein Tambourin aus „Castor et Pollux“ bringt Eleganz und Archaik auf den Punkt, die Sarabande aus "Pygmalion" zieht wolkenzart vorüber und in einer Sturmmusik aus „Les Indes Galantes“ tanzen sanfte Zephyre und Wirbelwinde Pirouetten.
Im Ganzen klingt vieles pointierter als in der ersten „Symphonie“, als Minkowski Rameaus Musik vorübergehend in ein wärmeres und weicheres Licht tauchte. Jetzt kehrt er, souverän in der Beherrschung der Mittel, im neuen Album zu seinen Ursprüngen zurück, als er die barocke Musik Frankreichs temporeich aufmischte.
Ein schwungvolles Geburtstagsständchen – und vielleicht auch ein Auftakt für eine erneute Befassung mit einer ganzen Rameau-Oper?
Georg Henkel
Trackliste
1 | Castor et Pollux-Ouvertüre; Acanthe et Cephise-Ouvertüre |
2 | Tänze, Sinfonien und Arien aus Zoroastre, Les Paladins, Les Indes Galantes, Acanthe et Cephise, La Naissance d'Osiris, Dardanus, Pygmalion, Castor et Pollux |
Besetzung
Les Musiciens du Louvre
Marc Minkowski, Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |