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Reviews

Schultze Ehwald Rainey

Seven Whites



"Behind Her Eyes", das war am 12.05.2017 die Veröffentlichung des Trios Schultze Ehwald Rainey. Seinerzeit stellte ich fest, dass sich drei Individualisten trafen, also der Saxofonist Peter Ehwald, Pianist Stefan Schultze und der amerikanische Schlagzeuger Tom Rainey. Ehwald unterrichtete einst in New York und Schultze studierte dort, und Rainey ist ein Schlagzeuger in der speziellen Art eines Paul Motian, der ein Konzept der Komplexität und Komplexität in der Einfachheit entwickelte. International ist der Drummer wohl der am Meisten Beschäftigte, an mittlerweile etwa achtzig Platten soll er mitgewirkt haben.

Manchmal fällt es mir schwer, Jazzplatten zu rezensieren. Angesichts dessen, dass ich bereits Ende der sechziger Jahre mit Live-Jazz konfrontiert wurde, sei es stilistisch von Monty Sunshine bis Peter Brötzmann gewesen und später dann all' die Großen wie Mingus oder Shepp hin zum Free Jazz eines Cecil Taylor oder Yosuke Yamashita, denke ich oft, dass ich eigentlich "voll" von Eindrücken bin, und sich sicher irgendwann etwas manifestiert hat, dass wie das Gefühl eines abgeschlossenen Kapitels ist.

Mithin - was soll es noch Neues geben, wer wird noch neue Türen aufstossen? Wer wird andererseits das Erreichte festigen und wer spielt heute wirklich noch hochwertigen Jazz, der sich nicht nur daran orientiert, wieviele Semester man studiert hat? Jazz "aus dem Bauch heraus", dass ist es, was für mich eigentlich noch immer zählt.

Und schon werde ich nach "Behind Her Eyes" erneut herausgefordert. Die Presseinfo hilft mir ein wenig dabei: Wer bisher noch dachte, Weiß sei einfach weiß, kann sich mithilfe des neuen Albums von SCHULTZE EHWALD RAINEY musikalisch überzeugen lassen, dass in den vielfältigen Abstufungen von Helligkeit sowohl das Dunkelste als auch das Allerhellste seinen Platz finden kann.. Ferner wird ein komplexes musikalisches Gebilde versprochen, dessen Brillanz und Tiefe gerade in den Ausarbeitungen der Schattierungen liegen soll.

Die Aufnahmen entstanden an verschiedenen Orten, so die Tracks 1, 3, 5 & 6 am 14.2.2020 in der Zentrifuge, Berlin, Track 2 am 28.4.2019 beim Ruhr Jazzfestival Bochum und die Tracks 4, 7 & 8 a, 11.11.2018 in Bari, Italien im Mast Recording Studio.

Beim Eröffnungstitel "Down Pillow" bemerke ich rasch, wie ich von Beginn an gepackt werde durch dieses erzählerische Zusammenspiel der drei Akteure. Es herrscht innerhalb der Ruhe und Beschaulichkeit der Gestaltung eine ungeheuer prickelnde Spannung, die jedoch nicht aufregt, sondern für das Sonnengeflecht wohltuend, am Boden haftet, ganz zart und tupfend ergänzen sich Saxofon, Piano und Schlagzeug und erzeugen für mein Empfinden eine ganz eigene Form einer Ballade, die sich an keine "Jazz-Regel" hält, Melodik von Anfang bis Ende, einfach schön.

Die freie, strukturlos erscheinende Ausprägung setzt sich fort, dabei spüre ich ständige Berührungen mit der Jazzgeschichte, bei "Tree Shyness" bemerke ich die typische Stimmung der Musik von John Coltrane, als der Pianist McCoy Tyner seine letzten Aufnahmen mit ihm einspielte, bevor sich Trane's Musik teils radikal änderte. "Elfen" ist sehr lebendig und verfügt in der Einleitung über etwas wie ein Thema, dass sich nach tranceartiger Repetition nach und nach auflöst, und Jazz-Hassern wohl ganz extrem das Gruseln lehren könnte.

Das ruhige "Kobel" und der ebensolche Titelsong werden durch "Antiheld Winterfeld" mit wildem Spiel unterbrochen, bevor mit "Kitsune" und "Thorn" zurückhaltende, aber nicht ohne emotionale Ausprägungen intensiv mit fingerkribbelnden Tonfolgen musiziert wird, und die brillante Kommunikation der Musiker untereinander zur Schau gestellt wird, und ich letztlich feststelle, dass in den vielfältigen Abstufungen von Helligkeit sowohl das Dunkelste als auch das Allerhellste seinen Platz gefunden hat!

Somit einerseits wirklich nichts Neues, aber in seiner Art sehr Individuelles, Musik, die einem als Jazzfreund einfach gefallen muss, weil sonst wäre man keiner. Sich der umfangreichen Tradition bedienend, ist den drei Musikern ein sehr persönliches Statement gelungen, Musik, auf die ich mich gern einlasse, auch, weil die Drei dazu weit einladend die Möglichkeit bieten. Dieses ist nicht der typische Aufbau von Jazzstrukturen, also - Thema - Solo-Thema, sondern ein Song entsteht, trotz der Kürze der meisten, innerhalb seiner Entstehung....Und das tut gut...., weil man das Gefühl hat, irgendwie mitgestalten zu können.



Wolfgang Giese

Trackliste

1 Down Pillow (4:30)
2 Tree Shyness (9:15)
3 Elfen (6:14)
4 Kobel (4:19)
5 Seven Whites (4:17)
6 Antiheld Winterfeld (3:18)
7 Kitsune (3:50)
8 Thorn (3:30)

Besetzung

Peter Ehwald (tenor saxophone)
Stefan Schultze (piano)
Tom Rainey (drums)
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger