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Dhrupad/Ragas - Hume, T. - Dowland, J. u. a. (Lischka, R. - Bhawalkar, U.)

Dhrupad Fantasia

Info Musikrichtung: Renaissance - Dhrupad / indische Musik VÖ: 04.03.2022 (Fuga Libera / Note 1 / CD / DDD / 2020 / Best. Nr. FUG 783) Gesamtspielzeit: 78:17

Eine weltmusikalische Fusionfantasie: Nordindischer Dhrupad-Gesang trifft auf höfische Spätrenaissance-Musik aus dem England Elisabeths I.; Ragas schwingen sich in volksmusikalische Tunes wie „Greensleeves“ ein, die Gambe von Ensembleleiterin Romina Lischka intoniert Tamburaharmonien und folgt den Vokalisationen des Dhrupad-Sängers Uday Bhawalkar. Umgekehrt lassen sich Traversflöten und Tablas aufeinander ein.
Dabei ergeben sich sowohl deutliche Gegenüberstellungen von Asien und Europa wie auch Intermodulationen, in denen beide Repertoires jeweils in der Art eines Morphings ineinander überführt werden.

Der Titel des Albums zeigt, was der „Vektor“ dieser Unternehmung ist: „Dhrupad Fantasia“. Denn tatsächlich erweist sich die Absorptionskraft der indischen Musik als weitaus größer als umgekehrt: Die Ragamelodien, die sich traditionell meditativ entwickelt und sich aus langsamen mikrotonale Einschwingphasen in fantastisch ornamentale, ekstatische Virtuosität hineinsteigern, dominieren mit ihrer hypnotischen Sogkraft den Gesamteindruck. Das wohltemperierte englische Repertoire wirkt in diesem Kontext vergleichsweise anekdotisch, mitunter regelrecht ausgebremst und verloren („Captaine Humes Lamentation“ klingt in seiner ausgestellten Trostlosigkeit gerade grotesk).

Doch auch der indische Sänger scheint sich im Dialog mit der Gambe nicht immer recht wohl zu fühlen, das klingt dann einfach nur schrecklich bemüht oder auch unfreiwillig komisch, obwohl alle ihr Bestes geben.
Hier wird zusammengezwungen, was doch lieber seinen eigenen Regeln folgen möchte. Am ehesten musiziert man noch in den schnellen Abschnitten auf Augenhöhe, wenn die Tablas mit ihrem Puls die Musik vorantreiben und auch die Musik Elisabeths ein bisschen zu tanzen anfängt.

Fazit: Interessantes Experiment, fragwürdiges Ergebnis.

Georg Henkel