Reviews

Misha Tsiganov

Misha's Wishes

Info Musikrichtung: Modern Jazz VÖ: 04.02.2022 (Criss Cross) Gesamtspielzeit: 66:45 Internet: https://mishajazz.com/ http://www.nuzzcom.com/ https://www.crisscrossjazz.com/index.html

Seit 1991/1993 lebt er in New York, der 1966 in St.Petersburg (Leningrad) geborene Pianist Misha Tsiganov. Der junge Misha spielte bereits mit sechs Jahren Klavier und graduierte später am Mussorgsky College Of Music und am Berklee College Of Music in Boston.

Seine letzte Platte war 2018 "Playing With The Wind". Für die aktuelle Veröffentlichung, Misha's Wishes wurden der Bassist und der Schlagzeuger ausgetauscht. Für Matt Brewer und Dan Weiss treten nun Boris Kozlov und Donald Edwards an. Im Gegensatz zum Vorgänger gibt es unter den zehn Songs nun sieben Eigenkompositionen (vorher waren es vier). Wiederum findet sich ein bearbeiteter russischer Folk Song darunter sowie ein Stück von George Gershwin ("Strike Up The Band") und eines von Bill Evans ("Comrade Conrad").

Was hat sich gegebenenfalls noch geändert? Nun, gleich mit dem Einstieg "Fire Horse" habe ich den Eindruck, dass die Musik lässiger, wärmer und sanfter klingt. Allein die Soli von Sipiagin, Blake und Tsiganov klingen sehr entspannt und strahlen so etwas wie Kultiviertheit, Gewandtheit und eine coole und gelassene Raffinesse aus. Dazu strömt ein bluesiges Feeling durch den Song. Das erhärtet sich mit dem Titelsong, der leicht verträumt und erzählerisch wirkt, und der russische Folksong "There Was A Birch Tree In The Field, So What" scheint die letzten beiden Worte aufzugreifen, "So What" - und ich wähne mich alsbald stimmungsmäßig im Umfeld des berühmten Albums von Miles Davis - "Kind Of Blue", nur hier lebhafter und treibender.

Das romantische "Lost In Her Eyes" zeigt den Protagonisten ganz solo, ein sehr stark melodiös betonter Song ist das sehr schöne "Hope And Despair", das sich ein wenig offener zeigt, und mit dem recht melancholisch tönenden "Are You With Me" endet dieser sehr wohltuende musikalische Reigen. Die beiden Fremdkompositionen von Gershwin und Evans fügen sich wunderbar ein, das elegant swingende "Strike Up The Band" und "Comrade Conrad" birgt sehr viel Wechselhaftes in sich, ein Song, dem man richtig folgen muss, um bei ihm zu bleiben, diese Version ist sehr gelungen und trägt zudem die Handschrift von Tsiganov.

Waren bei "Playing With The Wind" moderne Ansätze des Jazz, auch hin zur Fusion, auszumachen, so wirkt Misha's Wishes viel geschlossener als Gesamtpaket, besitzt letztlich mehr persönliche Ausstrahlung, alle Solisten agieren gelassener und eleganter, ohne dass emotionale und viele lyrische Ausprägungen auf der Strecke blieben. Dieser Jazz ist gleichzeitig sehr modern, wirkt zeitlos und nimmt die Vergangenheit der Jazzgeschichte, hier aus den frühen Sechzigern, geschickt mit auf die Reise.

Wolfgang Giese