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Speccio Veneziano
Info
Musikrichtung:
Barock Kammermusik
VÖ: 05.11.2021 (Alpha / Note 1 / CD DDD / 2020 / Best. Nr. Alpha 771) Gesamtspielzeit: 68:02 |
FEUERWERK IM SPIEGELKABINETT
Dieser Einladung in ein venezianisches Spiegelkabinett, die in einer kurzen eröffnenden Improvisation sinnfällig wird, folgt man nur allzu gerne: Nicht nur, weil mit "Le Consort" erneut eines der vielversprechendsten französischen Nachwuchsensembles in die Tasten greift bzw. die Saiten streicht. Sondern weil das Repertoire per se lohnend ist.
Natürlich ist zu Antonio Vivaldi in den letzten Jahrzehnten schon sehr viel gesagt worden. Trotzdem ist das hier in Auszügen präsentierte Opus 1 mit Triosonaten offenbar noch nicht in allen Facetten ausinterpretiert. Dies zumindest demonstrieren Cembalist Justin Taylor, die Geiger:innen Théotime Langlois de Swarte und Sophie De Bardonnèche sowie die Cellistin Hanna Salzenstein aufs Schönste: mit einem feinnervig, luftig-präzisen Silberton, bei dem auch komplexe Verzierungen wie ein ganz natürlicher Teil der Tonformung erscheinen.
Da entstehen mitunter irreale Effekt, wenn Töne wie kleine Objekte durch den Klangraum fliegen, gleich Bällen zwischen den Instrumenten hin und her tanzen. Erfreulicherweise kommt "Le Consort" ohne jene Übertreibungen aus, mit denen man Vivaldi zuletzt oft auf die Überholspur gesetzt hat. Die Virtuosität und technische Beherrschung, die stets im Dienst der Musik stehen, imponieren.
Von diesem Können profitiert auch Vivaldis Zeitgenosse, der immer noch sehr unterschätzte und entsprechend unterrepräsentierte Giovanni Battista Reali. Die Auswahl aus seinen ideenreichen und eingängigen "Sinfonien", die "Le Consort" hier gleichsam als Spiegel zu den Vivaldi-Sonaten vorstellt, bringen nicht nur fünf Ersteinspielungen. Vielmehr erweist sie Reali als ebenbürtigen Künstler. Die funkelnde, quasi elektrische Energie, die motivische Fantastik und harmonische Farbraffinesse – das zeigt Reali zwar durchaus als hochbarocken Komponisten der Republik Venedig, erweist ihn aber ebenso als eigenständigen Kopf, der die Grenzen des Instrumentalspiels ebenso wie die kompositorischen Möglichkeiten erweiterte.
Und so ergänzen sich die beiden Herren, aufführungspraktisch und tontechnisch ins beste Licht gesetzt, komplementär – nicht nur bei den notorischen „Folia“-Variationen, mit denen die jungen Musiker:innen am Ende noch einmal ein köstlich verspieltes Feuerwerk abbrennen und zugleich den Kreis der Spiegelungen schließen.
Georg Henkel
Trackliste
Antonio Vivaldi: Sonaten RV 63, 68, 73 für 2 Violinen & Bc; Sonate RV 40 für Cello & Bc
Besetzung
Théotime Langlois de Swarte & Sophie De Bardonnèche, Violine
Hanna Salzenstein, Cello
Justin Taylor, Cembalo & Orgel
mit: Victor Julien-Laferrière, Cello
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |