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La Transfiguration – Poèmes pour Mi - Chronochromie
Info
Musikrichtung:
Neue Musik Chor/Orchester
VÖ: 01.10.2021 (BR Klassik / Naxos / CD DDD / 2017-2019 / Best. Nr. BR Klassik 900203) Gesamtspielzeit: 145:04 |
HIMMEL AUF ERDEN
Zum 70. Geburtstag des Dirigenten Kent Nagano erscheinen drei Konzertmitschnitte mit dem Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks in der gleichnamigen Klassik-Edition des Senders, die zwischen 2017 und 2019 in der Philharmonie im Gasteig und dem Herkulessaal der Residenz aufgezeichnet wurden. Auf dem Programm stehen zentrale Werke des französischen Komponisten Olivier Messiaen, dem Nagano nicht nur künstlerisch als Interpret verbunden war. Von der intensiven Zusammenarbeit und menschlichen Begegnungen spricht nicht nur der persönliche Bookelttext Naganos, sondern auch die Aufführungen der drei Werke legen davon Zeugnis ab.
Ob es sich nun um den frühen Orchesterliederzyklus „Poèmes pour Mi“ (1937), die abstrakt-spekulative Orchesterkomposition „Chronochromie“ (1959/60) oder das gewaltige Verklärungs-Oratorium „La Transfiguration de Notre Seigneur Jésus-Christ“ (1965-69) handelt: Naganos tiefe Verbunden- und Vertrautheit mit Messiaens buntschillernder Musiksprache, seine Liebe zu den üppig blühenden, mitunter ekstatischen Mischungen aus Pseudo-Gregorianik, Gamelan-Anklängen, griechischen und indischen Rhythmen, Klangfarbenakkorden sowie einem der Natur abgelauschten Volgelstimmen-Sound ist allenthalben hörbar.
Dabei versteht Nagano es, die Extreme, die in Messiaens Schaffen angelegt sind, so zu präsentieren, dass das Monumentale nicht ins Bombastische und der Überschwang nicht in Exzess ausartet.
So klingen die gewaltigen Aufgipfelungen in „La Transfiguration“ nirgends kalt, die vielen schwärmerisch-lyrischen Momente bei aller Süße nicht kitschig. Nagano nimmt die „naive“ Perspektive des tieffrommen Christen Messiaen und dessen kosmische Theologie durchaus ernst. Aber er sucht darin die menschliche, zum Hörer sprechende Dimension: den Himmel auf Erden
Das klingt zwar weniger analytisch und klar als z. B. bei Pierre Boulez, der die irrwitzige „Chronochromie“, die „Farben der Zeit“, in fast kammermusikalischer Durchzeichnung aufgenommen hat. Dafür gibt Nagano die Musik körperlicher, auch weicher gerundet in den Klangmassierungen. Das hymnische Feuer und die juwelenartig geschliffene Perfektion, die Antal Dorati einst bei seiner Studioproduktion der „Transfiguration“ erzielt hat, mag man bei Nagano etwas vermissen. Aber im Ganzen gelingt den Interpreten, allen voran dem vielgeforderten Chor sowie im einkomponierten Kammer-Septett mit dem Pianisten Pierre-Laurent Aimard oder dem expressiv aufspielenden Cellisten Lionel Cottet, eine plastische, leidenschaftliche und im guten Sinne schwelgerische Wiedergabe.
In den prächtigen „Poèmes pour Mi“ brilliert die Sopranistin Jenny David mit dramatischer, farbenreicher Deutlichkeit. Der Zyklus zeigt den Komponisten schon ganz im Besitz der für ihn typischen modalen Sprache und neuartiger Orchesterfarben.
Hier wie in den beiden anderen Werken beeindruckt das farbsatte Spiel der BR-Sinfoniker. Die Aufnahmetechnik schenkt dem Ganzen ein kontrastreich ausgeleuchtetes Panorama voll eindrücklicher Tamtam- und Bläserresonanzen.
Georg Henkel
Trackliste
La Transfiguration 94:27
CD 3
Poèmes pour Mi 27:39
Chronochromie 22:58
Besetzung
Pierre-Laurent Aimard, Klavier
Chor und Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Kent Nagano, Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |