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Reviews

Rebellion

A Tragedy In Steel Part II: Shakespeare’s King Lear


Info

Musikrichtung: Power Metal

VÖ: 26.01.2018

(Massacre / Soulfood)

Gesamtspielzeit: 65:45

Internet:

http://www.rebellion-metal.de

Als sich die beiden ehemaligen Grave-Digger-Musiker Uwe Lulis und Tomi Göttlich zusammentaten, um eine neue Band namens Rebellion ins Leben zu rufen, beschlossen sie, den Konzeptalben-Kurs ihrer Ex-Band weiter zu verfolgen, und widmeten sich auf ihrem Debüt A Tragedy In Steel dem Shakespeare-Drama „Macbeth“. Da das auf gute Resonanzen stieß, plante Göttlich gleich ein weiteres Album dieser Machart, diesmal über „King Lear“ – Lulis aber war der Konzepte vorerst müde und überzeugte seine Mitmusiker, mit Born A Rebel ein Album aus unzusammenhängenden Einzelsongs zu veröffentlichen. Schon mit dem Drittwerk aber kehrten Rebellion wieder zu den Konzeptwerken zurück, brachten sogar eine ganze Trilogie über die Wikinger und im Anschluß zwei Alben über die deutsche Frühgeschichte heraus. Göttlich plante eigentlich, auch letztere Thematik zu einer Trilogie auszubauen, aber Sänger Michael Seifert, die andere Konstante der Bandbesetzung seit dem Debüt, überzeugte den Bassisten, erstmal das „King Lear“-Konzept wieder auszugraben. Gesagt, getan – und die Benennung als A Tragedy In Steel Part II erschien nur logisch und setzt das Werk in direkte Beziehung zum vor fast 20 Jahren erschienenen ersten Teil.

Nun besitzt die Rebellion-CD-Sammlung des Rezensenten gewisse Lücken, und somit war er erstmal etwas überrascht, als er an verschiedenen Stellen las, das Album sei düsterer und powermetallastiger ausgefallen als diverse der Vorgänger – als pure Speedbolzer hatte er die Formation eigentlich nicht abgespeichert, wenngleich sich immer wieder Speednummern auf den Alben fanden. Nach Durchhören der reichlichen Stunde Musik ist man schlauer: Ja, es ist Power Metal, und ja, es ist angedüstert, und nochmals ja, es ist summiert etwas langsamer als der Stoff vom Debütalbum – aber es liegt letztlich doch gar nicht so weit von dem entfernt, was man von der Combo sonst kennt, und es findet sich natürlich auch so manche Grave-Digger-Anleihe, was nicht weiter verwundert, selbst wenn Lulis schon lange nicht mehr zu Rebellion gehört. Aber Seiferts Stimme ähnelt der von Chris Boltendahl in den rauhen Stimmlagen doch etwas, und auch in den cleanen Passagen liegen die beiden nicht sonderlich weit auseinander, wobei Seifert in „Thankless Child“ in derartige Tiefen herunterzusteigen versucht, dass selbst ein Peter Steele anerkennend aus dem Grab gewunken hätte, würde der Deutsche da wenigstens die angepeilten Töne treffen, was er eine Oktave höher dann tut. Interessanterweise mildern Rebellion die dominante stimmliche Rauhigkeit mit cleanen Backings von Michel Schmied und erzeugen damit einen eigentümlichen Doppelklang. Dass aber Seifert durchaus immer noch in der Lage ist, in seinen Krächzgesang Melodien einzuweben (was er früher in stärkerem Maße getan hatte), zeigt „Storm And Tempest“, titelgemäß zugleich einer der schnellsten Songs der Scheibe, die in der Tat kaum reine Speedbolzer enthält und selbst in besagtem Song im Hauptsolo in treibendes Midtempo herunterschaltet, in dem die schönen doppelläufigen Gitarren des zweiten Teils freilich auch eindrucksvoll zur Geltung kommen. Überhaupt sind die beiden Gitarristen Oliver Geibig und Stephan Karut wesentliche Bestandteile der Formation: Nicht nur dass jeder der beiden sechs der zwölf Songs des Albums geschrieben hat, auch das Riffing und vor allem die melodische Akzentuierung geht ihnen mit großer Sicherheit und im letzteren Falle auch Eleganz von der Hand. „Dowerless Daughter“ etwa hätte in der Gesamtbetrachtung durchaus auch von Grave Digger stammen können, aber die liebliche Gitarrenmelodie wäre in deren Schaffen als gewisse Rarität durchgegangen. Halbakustikelemente gibt es häufig dort, wo dramatische Erzählpassagen, aufgeteilt in insgesamt acht Rollen, in die Musik eingewoben sind, aber sie sind durchaus nicht darauf beschränkt, wie „Demons Of Madness“ klarstellt – auch das ein Song, den man problemlos ins Repertoire von Grave Digger stellen könnte. Irgendwie verhält es sich mit den beiden Bands wie vor 25 Jahren mit Running Wild und X-Wild: Die neue Band der Ex-Mitglieder nimmt zahlreiche Stilelemente der Hauptband mit, kocht damit aber durchaus ein eigenes Süppchen, ohne die Verwandtschaft zu verleugnen – und der Fan kann sich freuen, bekommt er doch nun doppelten Output in seiner bevorzugten Stilistik geboten, und wenn das auf qualitativ hohem Niveau passiert, soll ihm das nur recht sein. Und dann gibt es ja noch die Elemente, die die beiden Bands voneinander abgrenzen. Von den markanten Backing Vocals wurde bereits gesprochen, und in der Grundkonzeption legen Rebellion ihr Material außerdem auf zwei Gitarren an, auch wenn die soundliche Trennung in den Boxen zumindest auf der Anlage des Rezensenten lange nicht so intensiv ausfällt wie von Göttlich angekündigt – bei diversen Soli ist der Fokus auf einen der Kanäle allerdings in der Tat markant ausgeprägt. Keyboards gibt es nur an wenigen Stellen zur atmosphärischen Verstärkung, darunter nicht selten hammondorgelartige Klänge, aber auch ein klassisches Piano wie im Intro von „Black Is The World“, dort zu einer entrückten Gitarrenmelodie und spacigem Synthieflackern, bevor sich daraus schleppender Power Metal entwickelt, der in der Tat etwas am Doom kratzt, aber immer noch genügend Abstand zum Schaffen etwa von Black Sabbath hält, um klarzumachen, dass wir uns hier weiter in der üblichen Stilbreite des Power Metal aufhalten. Das gilt auch für die epischeren Nummern wie „The Mad Shall Lead The Blind“, das einen speedigen Hauptteil besitzt, dann einen Hörspielteil auffährt und letztlich in epischer Breite mündet. Vielleicht kann der doomige Eindruck auch gleich auf den Opener „A Fool’s Tale“ zurückgeführt werden, der sich ohne Intro gleich in behäbiger Weise auszubreiten beginnt und damit von der üblichen metallischen Albumdramaturgie abweicht – aber nicht für lange, denn wir landen bald auch hier in den gewohnten powermetallischen Gefilden, die wir dann für die nächste Stunde nur in den theatralischen Passagen verlassen. Oder auch nicht? Im Gegensatz zum Debütalbum sind diese Passagen hier direkt in die Songs eingewoben, so dass also statt der Skip- allenfalls die Vorspultaste zum Einsatz kommen könnte, falls man solche Passagen partout nicht hören will.
Wenn man Rebellion auf diesem Album etwas vorwerfen will, dann ist das vielleicht die Ausarbeitung der Refrains, die trotz Schmieds Zweitstimme etwas zu sehr an Markanz entbehren. Tunes Of War, um mal in die Vergangenheit der beiden Rebellion-Urväter zurückzuschauen, lebte nicht zuletzt davon, dass man jeden Refrain spätestens beim zweiten Hören mitsingen konnte und das auch beim zwanzigsten oder zweihundertsten Hören noch mit großer Freude tat und tut. Solches Material haben auch Rebellion schon geschrieben, beispielsweise den Born A Rebel-Titeltrack, und ebensolches bleibt jetzt aber auf King Lear abwesend. Zudem ist mit „Truth Shall Prevail“ eine Nummer vertreten, die das theatralische Element dann doch ein wenig übertreibt und in der ersten Hälfte etwas an ein Kinderhörspiel erinnert. Aber solche kleinen Probleme fallen nicht weiter ins Gewicht, vor allem wenn der Song im Hauptteil dann doch noch donnernden begeisternden Power Metal (mit einer gefühlvollen Zwischenpassage) auffährt und letztlich im Inferno endet, wonach sich mit „Farewell“ noch ein epischer und düsterer Albumcloser entspinnt (düster, weil dramengemäß am Ende fast alle Protagonisten tot sind oder zumindest auf der Verliererseite stehen), der über weite Strecken tatsächlich (und für die Band ungewöhnlich) von den Keyboardelementen verschiedenster Art lebt und in Richtung von Minute 5 langsam auszumäandern vorgibt, bevor das scheinbare Piano-Outro (mit plötzlichen Dur-Wechseln!) sich aber doch nochmal in einen Bombastschluß wandelt und die Nummer als längste des Albums erst jenseits der Acht-Minuten-Marke über den Zielstrich geht. Das ist eine Nummer, die zwar in ihrer Grundanlage auch von Grave Digger hätte stammen können, in ihrer Verspieltheit und konkreten Ausprägung aber deutlich von der Boltendahl-Gang abgrenzbar ist. Und so nahe an AC/DC wie Rebellion in „Stand Up For Bastards“ waren Grave Digger auch noch nie.

Bleibt abschließend neben einer Empfehlung für Genre-Freunde (und Lehrer, die schon immer nach Möglichkeiten gesucht haben, ihren Schülern Lehrstoff auf ungewöhnliche Art nahezubringen) die Frage, wie es mit der Band weitergeht, denn drei Fünftel der Besetzung des Albums haben die Formation in der Folgezeit schrittweise verlassen, darunter die beiden Gitarristen und Songwriter. Seifert und Göttlich, die vor einer Dekade schon mal nur zu zweit dastanden, haben die Herausforderung allerdings erneut angenommen, eine neue Besetzung zusammengestellt und auch schon ein neues Album namens We Are The People eingespielt, das dem Rezensenten allerdings noch nicht zu Ohren gekommen ist. Prinzipiell stehen die Chancen aber natürlich gut, dass wir, da ja auch Grave Digger nach wie vor aktiv sind, weiter mit interessantem Stoff dieser Bauart bedacht werden.



Roland Ludwig

Trackliste

A Fool’s Tale 05:07
Dowerless Daughter 04:06
Thankless Child 06:51
Stand Up For Bastards 04:03
Storm And Tempest 04:30
Demons Of Madness 05:01
The Mad Shall Lead The Blind 06:23
Black Is The World 05:54
Battle Song 04:54
Blood Against Blood 04:18
Truth Shall Prevail 05:56
Farewell 06:39

Besetzung

Michael Seifert (Voc)
Oliver Geibig (Git)
Stephan Karut (Git)
Tomi Göttlich (B)
Tommy Telkemeier (Dr)
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger