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Rick Simpson

Everything All Of The Time: Kid A Revisited

Info Musikrichtung: Modern Jazz / Fusion VÖ: 23.10.2020 (Whirlwind Recordings) Gesamtspielzeit: 42:42 Internet: https://www.ricksimpsonjazz.com/ https://www.whirlwindrecordings.com/ https://uk-promotion.net/

Kid A Revisited? Revisited: Etwas wieder aufgreifen, auf etwas zurück kommen? Genau - hier geht es um die Band Radiohead. Aber passt das hinsichtlich dessen, dass wir uns hier mit dem Pianisten Rick Simpson in Jazz-Gefilden befinden? Immerhin - so seine Aussage, mag er die Musik der britischen Rockband. Deren Rockalbum mit starker Ausrichtung zum Genre Electronica wird von Vielen als ihr bestes angesehen. Insofern eine weitere Herausforderung, hier zu punkten.

Die zehn Songs des Albums von Simpson entsprechen jenen, auch in der Reihenfolge, die von Radiohead eingespielt wurden. Nun, ich kenne deren Album nicht, und so kann ich unvoreingenommen an Everything All Of The Time: Kid A Revisited herangehen. So erlebe ich von Beginn an Jazz, der aus der Vergangenheit schöpft, sich der Entwicklung der Fusion und des Jazz Rocks bedient und einige Elemente einbringt, die wohl wahrscheinlich oder möglicherweise aus den Radiohead-Kompositionen abzuleiten sind. Durch die Bläser, vor Allem durch Tori Freestone, schleichen sich gelegentliche freie Elemente ein, die die bisweilen starren Muster angenehm aufbrechen.

Ansonsten ist es zeitgenössischer Jazz, den ich hier erlebe, und zwar Jazz britischer Prägung, so, wie man ihn bereits seit Beginn der Siebziger hat erleben können. So etwas ist mir durchaus geläufig auch von Bands, die damals bereits zwischen Rock und Jazz pendelten, wie Soft Machine, oder wenn es freiere Elemente sind, die sich den Weg bahnen ("The National Anthem"), dann fällt mir spontan Centipede ein. Insofern ist diese Musik sicher nicht neu, die Kompositonen von Radiohead werden im Rahmen verschachtelter Arrangements widergegeben und es ist ein buntes Ganzes voller ausdrucksstarker Einzelbilder entstanden, zusammengefügt zu einem abwechslungsreichen Hörerlebnis, voller Energie und Zartheit zugleich, hier gut zum Ausdruck gebracht auf "How To Disappear Completely", mit Tori Freestone an der Violine.

Und so reihen sich die verschiedenen Stimmungen angenehm aneinander, jedem der Band wird Freiraum für persönliche Vorstellungen gegeben, bis sich zum Schluss der Abschied mit einer Ballade einstellt, mit "Motion Picture Soundtrack", das ich mir nun im Original noch einmal angehört habe, nun, wie alle anderen Songs von Radiohead halt mit Gesang. Doch die Band um Rick Simpson hat die Stimmung sehr gut umgesetzt, der Gesangsparts wird nun per Saxofon übernommen. Nun, als Jazzfan sagt mir diese Version wesentlich mehr zu, und losgelöst von dieser Ehrung der Originalplatte, halte ich das ganze Projekt für sehr gelungen, sehr stimmungsvoll eingespielt, im letzten Song gar ein wenig mit der Spiritualität eines John Coltrane...

Wolfgang Giese