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Reviews

Tony Christie

My life ... Is this the way to Amarillo


Info

Musikrichtung: Schlager

VÖ: 05.09.2005

(White Records)

Als vor 34 Jahren Navigationssysteme reine Utopien waren und man sich des Öfteren nach dem Weg erkundigen musste, war die Frage Is this the way to Amarillo nicht ungewöhnlich und daher in kürzester Zeit in aller Munde und Ohren, denn ein, bzw. der Welthit von Tony Christie war geboren. Dass dieser Song jedoch 2005 erneut die Charts erklimmt und z.B. in Großbritannien sogar Platz 1 einnimmt, darf dann aber doch wundern. Für Tony Christie und seinen langjährigen Produzenten Jack White sollte das vielleicht der Anlass gewesen sein, ein Album auf den Markt zu bringen, das nun zur Veröffentlichung drängt.

Im Einzelnen:

Die Frage, die sich bereits vorab stellt, ist, inwieweit Jack White am Originalsound gefeilt hat, ob er ihn stark, wenig oder überhaupt nicht verändert hat. Als Opener bietet sich natürlich kein anderes Lied an als der alte und neue Chartstürmer "Amarillo", und bereits hier zeichnet sich ab, dass die Überarbeitungen das Lied nicht verfremden, sondern lediglich leichte Nuancen setzen. Auch wurden keine Anlehnungen an die Version der Hermes House Band gemacht, die ihre Songs mit dem typischen Partysound unterlegen. Hier also kein Partysound, sondern gepflegte Tanzmusik. Dass "Kiss in the night" und "You are my darling" direkt hintereinander auf den Silberling gepresst wurde, ist entweder einem Versehen oder einer gehörigen Portion Mut zuzuschreiben, denn bei diesen Liedern handelt es sich um musikalische Zwillinge (zwar nicht gerade eineiig, aber Zwillinge allemal), da sie eine erschlagende Ähnlichkeit aufweisen. Neben den Melodiefolgen mag aber auch das keyboardträchtige Arrangement von Jack White hierfür verantwortlich sein, denn von den verwendeten Sounds her fühlt man sich sofort in die 80er und frühen 90er Jahre versetzt und wird an ähnliche Klänge bei den Werken von z.B. David Hasselhoff erinnert.

"Sweet September" ist dezent und gleichzeitig frisch produziert worden und kommt klar und sauber, also ohne viel Keyboard-Schnickschnack daher. Ein Bläsersatz im Hintergrund und ein paar weibliche Background-Stimmen runden den Song ab. Und gleich stellt sich die Frage an, ob man nicht auch bei anderen Liedern auf das eine oder andere Tasteninstrument hätte verzichten können. Dieser Wunsch betrifft auch "Darling tomorrow" und One dance with you", die im 6/8-Rhythmus daherkommen und ebenfalls in Melodie und Arrangement über viel Ähnlichkeiten verfügen. Sie umrahmen in der Reihenfolge der Songs zwar den "Sweet September", trotzdem hätte man durch verschiedenes Arrangement mindestens einem Lied diese Spuren abschminken können. Mit "Come with me to paradise" kommt wieder Leben in das Album, denn gut tanzbarer Rhythmus wird hier präsentiert, obwohl einige Stellen an Jürgen-Markus-Schlager der 70er erinnern. War Jack White etwa auch an denen beteiligt? Dann hat er seine Ideen aber doppelt verarbeitet. Offensichtlich wird dies bei "Dancing in the sunshine", das die englische Version von "Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben" darstellt, aber deutlich lockerer und tanzbarer als das Original ist, denn hier klingt der Song typisch nach Tony Christie, und das ist doch schon mal was.

Dass Tony Christie ein Faible für den neunten Monat des Jahres hat, scheint spätestens bei "September love" deutlich. Die Septemberliebe war jedoch so gut, dass man sie relativ unverändert gelassen hat. Gleiches gilt für "Moonlight and roses", das weiterhin sein bekanntes Musikgewand tragen darf bzw. muss. Ein wenig mehr Pep durch reduzierte Keyboards und deutlichere Drums hätten hier jedoch für ein wenig frischen Wind sorgen können. Wenn man "My little latin lover" besingt, sollte doch etwas im Lied lateinamerikanisch klingen. Dies hätte man, wenn das Original schon einmal vorgegeben ist, in der Produktion hinzumischen können. Gerade da in heutiger Zeit die „latin music“ hoch im Kurs steht, hätte man hier neue Akzente setzen können.

Einige nennen es deja-vu, andere nennen es vielleicht Verfolgungswahn, wenn man ständig mit Dingen konfrontiert wird, die man schon einmal gesehen oder - in diesem Fall - gehört hat. Wiederholtes Nachdenken bringt jedenfalls die Erkenntnis, dass "Too young" im Original von Andrea Jürgens gesungen wurde und damals den Titel "Ich zeige dir mein Paradies" trug. Für das Lied eines Kindes mag die recht simple Melodiefolge ausreichen, aber einem Tony Christie sollte man dieses Lied nicht unterjubeln. Schließlich handelt es sich hier um einen der seit Jahrzehnten angesagtesten Showmen der USA. "Moon over Napoli" bringt zum Abschluss des Albums ein wenig italienisches Flair herüber, jedenfalls soweit es den Text und die Stimme von Tony Christie betrifft, der durchaus als stimmstarker Gondoliere für die nötige Unterhaltung auf den Wasserstraßen Italiens sorgen könnte.

Fazit:

Das Positive ist, dass "My life ... Is this the way to Amarillo" kundenfreundliche 15 Songs enthält, die die Tony Christie-Fans aber nicht als sogenannte "Greatest Hits" verstehen sollten, da hier lediglich die aus der Zusammenarbeit mit Jack White entstandenen Hits verarbeitet wurden. Deshalb fehlt auch z.B. "I did what I did for Maria".

Da jeder Hörer seine Interessen und Erwartungen anders definiert, kann auch nicht abschließend entscheiden werden, ob das Album empfehlenswert ist oder nicht. Diejenigen, die bisher keine Tony Christie-CD ihr eigen nennen dürften, könnten an diesem Silberling durchaus berechtigtes Interesse haben, soweit ihnen auch an fast unveränderten Arrangements gelegen ist. Diejenigen aber, die etwas Neues von diesem Album erwarten, sollten ihre Erwartungen nicht zu hoch schrauben, da die Veränderungen nur nuancenweise umgesetzt wurden. Dies dürfte typisch sein für Jack White, der bereits beim letzten Greatest-Hits-Album von David Hasselhoff sehr zurückhaltend agierte.

Etwas mehr Mut zu Veränderungen und neuen Sounds hätte dem Album und auch einer weiteren Vermarktung des Sängers und seiner Lieder sicher gut getan, aber auch so wird es sicher viele Interessenten geben. Schließlich versorgt Tony Christie seine Hörer bereits seit 34 Jahren mit seinen Songs, die immer noch gerne gehört werden.



Lothar Heising

Trackliste

1Is this the way to Amarillo 3:21
2Kiss in the night 3:39
3You are my darling 3:58
4Darling tomorrow 3:29
5Sweet September 4:48
6One dance with you 3:26
7Come with me to paradise 4:43
8Torero 3:46
9September love 3:43
10Moonlight and roses 3:41
11Dancing in the sunshine 3:26
12Lonely nights 3:40
13My little latin lover 3:23
14Too young 4:09
15Moon over Napoli 3:34
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
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