····· Neues Solo-Album von David Gilmour im September ····· Evildead-Album wird mit einer ersten Single angekündigt ····· Alles ist =1 meinen Deep Purple auf ihrem kommenden Album ····· Sense of Fear, Heavy-Metal-Band aus Griechenland, veröffentlicht neue Single ····· Status Quo-Sommer-Tour in Deutschland ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Lycanthro

Four Horsemen Of The Apocalypse


Info

Musikrichtung: Metal

VÖ: 11/2018

(Alone)

Gesamtspielzeit: 52:18

Internet:

https://lycanthro.bandcamp.com/

Die 2015 gegründeten Lycanthro spielten anno 2017 ein erstes, selbstbetiteltes Vier-Track-Demo ein und legten im Folgejahr eine Vier-Track-EP namens Four Horsemen Of The Apocalypse nach, die sie vorerst nur digital vertrieben. Die Griechen von Alone Records entschlossen sich daraufhin, letztgenanntes Werk auch als CD veröffentlichen zu wollen - allerdings kam es ihnen mit knapp 33 Minuten etwas zu kurz vor, und so entschieden sie sich, die vier Tracks des ersten Demos noch als Boni hinzuzufügen, so dass das Werk nun also auf reichlich 52 Minuten Spielzeit kommt und man die Möglichkeit hat, gleich das gesamte Frühwerk Lycanthros auf einem Tonträger versammelt zu bekommen.
Die acht Songs wurden nicht chronologisch geordnet, sondern es kommen erst die vier des namensgebenden Releases und dann die vier älteren Boni. Der Silberling hebt also mit dem 2018er Titeltrack an, und man glaubt anhand seiner ersten zweieinhalb Minuten, Lycanthro ins Epic-Metal-Lager einsortieren zu können, bis Drummer Nathan Shuman dann aber plötzlich das Tempo anzieht und man sich in treibender Geschwindigkeit nach vorn poltert, was aber nicht bis zum Ende des Songs anhält, denn zwischenzeitlich wird das alte breite Midtempo wieder angeschlagen. Diesen Spagat halten die Kanadier dann auch im weiteren Verlauf des neuen Materials durch, wobei der Epic Metal in der Gesamtbetrachtung doch in gewisser Weise die Oberhand behält und es daher nicht verwundert, warum die Nordamerikaner ausgerechnet in Griechenland einen Geschäftspartner gefunden haben, gehört dieser Sound doch zur Grundnahrung vieler griechischer Metal-Anhänger. Nur gerät das, was das Quartett dem Hörer vorsetzt, bisweilen etwas arg schwer verdaulich. Aus dem klassischen US-Metal ist man ja gewohnt, dass die Gesangslinien bisweilen den Eindruck erwecken, als würden sie unabhängig über dem instrumentalen Unterbau schweben. Dieses Phänomen findet man bei Lycanthro gelegentlich auch, nur mutet es hier nicht wie Absicht an, und Sänger James Delbridge scheint eher ungeplant neben der Ideallinie zu landen – nicht durchgängig, wie etwa die zumeist perfekt sitzenden Linien in „Fog Of War“ verdeutlichen, aber eben doch etwas zu oft, um das Material richtig genießen zu können, zumal es in der Gitarrenarbeit im oft furchtbar schräg klingenden Akustikintro „Plague The Land“ ein analoges Phänomen gibt, über das man sich freilich noch Gedanken machen könnte, ob das im Sinne des Songtitels vielleicht Absicht gewesen sein könnte und den Verfall symbolisieren soll, der dann im anschließenden „King Of Decay“ thematisiert wird. Anhörbarer macht eine eventuelle konzeptuelle Anbindung solche Momente indes nicht, und so ist man dankbar, dass Delbridge und sein Gitarrenpartner David Shute zumeist althergebrachten Harmonievorstellungen folgen, wenn sie ihre Sechssaiter bedienen. Und da gibt es durchaus eine ganze Menge an guten Ideen zu entdecken. So hätte die Harmonien in „Fog Of War“ bei Minute zweieinhalb auch Jon Schaffer zu seinen besten Zeiten nicht anders gestaltet, und das Akustikgitarrensolo im Finale von „King Of Decay“ besitzt gleichfalls viel Charme. Keyboards finden regelmäßig zu akkordischen und teppichartigen Zwecken Verwendung, nicht aber zu solistischen, so dass die Gitarren hier ganz klar das Sagen haben und das Quartett demzufolge auch keinen hauptamtlichen Tastendrücker beschäftigt – in drei Songs erledigt Delbridge das mit, nur im knapp vierzehnminütigen Epos „Pale Rider“ hören wir George Rogers als Gast und im großen Klavierbreak ab Minute 8 auch noch Sharon Lowell, wobei Lycanthro das Kunststück fertigbringen, diese Passage anfangs nicht nach Savatage klingen zu lassen, aber dann in die nach etwa einer halben Minute einsetzende Leadgitarrenpassage in der Mitte und gegen Ende zwei kleine Licks einzustreuen, die im allerbesten Sinne Criss Oliva wieder auferstehen lassen. In diesem Song kommt mit Ex-Exciter-Fronter Jacques Belanger noch ein weiterer Gast zu Gehör, fällt aber strukturell viel weniger auf als die pure Speedpassage, in die Lycanthro jenseits der Zehnminutenmarke plötzlich verfallen, die Gitarristen sich minutenlang ins Nirwana solieren lassend. Von der Dramaturgie her ist das auf alle Fälle der logische Finalsong des Ausgangs-Viertrackers, und die Band schafft es auch, die Nummer über die gesamte Spielzeit hindurch interessant zu halten, sieht man vom grundsätzlichen Manko ab, das weder Delbridge noch Shute in ihren Songs (das Verhältnis lautet sowohl bei den vier neuen als auch bei den vier älteren Songs jeweils 3:1) umgehen können: Sie folgen noch zu oft der klassischen Formel, einen Part jeweils viermal nacheinander zu spielen und dann zum nächsten überzugehen oder eine Variation vorzunehmen. Das fällt im Opener „Conquest“ (Shute) besonders stark auf, aber selbst in erwähntem Speedpart von „Pale Rider“ tritt dieses Phänomen auf, und so sehr der Rezensent Bands schätzt, die auch heute noch den klassischen Songwritingprinzipien der Achtziger folgen, so sehr sieht er auch die Notwendigkeit gegeben, diese Prinzipien variabel und kreativ anzuwenden und gegebenenfalls auch abzuwandeln, und da gibt es bei Lycanthro durchaus noch Luft nach oben.
Von den vier Demotracks besitzen drei ein etwas dunkleres, aber gleichfalls gut anhörbares Soundgewand, und ein struktureller Umstand ist dem mathematisch aufmerksamen Leser sicherlich schon im Einleitungsabsatz aufgefallen: Die Songs müssen viel kürzer sein. Tatsächlich bringt es hier nur der Opener „Crucible“ auf sieben Minuten, die anderen drei bleiben im Bereich um die vier Minuten, wobei das neue „Fog Of War“ allerdings auch nur 3:47 dauert, so dass das Quartett der Kompaktheit im jüngeren Material also nicht komplett abgeschworen hat, was im Fall dieses Songs allerdings zum Problemfall wird, da er nach hinten heraus noch nicht komplett „auserzählt“ wirkt. Das ist bei den älteren Nummern anders, und überhaupt unterscheiden die sich auch stilistisch ein wenig vom jüngeren Material und sind eher im klassischen Power Metal angesiedelt. Der Stampfer „Into Oblivion“ etwa könnte durchaus auch von Metal Church stammen und punktet mit seiner simplen, aber wirkungsvollen Baßsolopassage, während „Crucible“ überwiegend im schnelleren Bereich lagert, allerdings etliche Wendungen eingebaut hat und im Intro ein wenig an dasjenige von King Diamonds Fatal Portrait-Scheibe erinnert. „Ride The Dragon“ könnte vom Songtitel her eine Manowar-Coverversion sein, ist aber eine Delbridge-Eigenkomposition, während Shutes „Break Through The Fire“ sowohl textlich als auch musikalisch problemlos ins Repertoire der Herrschaften um Joey de Maio passen würde und man sich nur der Vorstellung erwehren muß, was ein Eric Adams zu seinen besten Zeiten daraus hätte machen können. Delbridge singt auf dem Demo grundsätzlich ein wenig rauher als in den späteren Songs, und das Phänomen der abgehoben wirkenden Gesangspassagen findet sich auch im frühen Material schon. Das Booklet gibt keine weiteren Informationen, aber „Ride The Dragon“ besitzt ein so abweichendes Soundgewand, dass anzunehmen ist, dass es unter anderen Umständen als die anderen drei Demotracks eingespielt worden ist. Das Ding klingt original wie ein Achtziger-Demo von einem mindestens zweimal überspielten Tape, und stilistisch bewegen wir uns hier im Bereich speedlastigen Euro-Metals der Mittachtziger, also nochmal einem komplett anderen Feld als im Rest des Material. Will man an der CD Gefallen finden, muß man also auf derartige Bocksprünge gefaßt sein, auch wenn das neue Material den Eindruck hinterläßt, als hätten die Kanadier nach einigem Probieren nun ihren grundsätzlichen Stil gefunden. Ob sie auf Folgewerken die diversen Problemfälle noch auszumerzen wissen, bleibt gespannt abzuwarten – das brandaktuelle Album Mark Of The Wolf ist bisher noch nicht in den heiligen Hallen des Rezensenten gelandet. In der Zwischenzeit dürfen Undergroundmetalfanatiker mit Hang zum Epic Metal schon mal ein Ohr riskieren, ob der Erwerb eines der 499 noch verfügbaren Exemplare (der Rezensent besitzt Nr. 411 der 500er Auflage) trotz der beschriebenen Stolperfallen lohnend erscheinen könnte.



Roland Ludwig

Trackliste

1Conquest6:56
2Fog Of War3:47
3Plague The Land/King Of Decay8:40
4Pale Rider13:45
5Crucible7:09
6Into Oblivion3:38
7Break Through The Fire4:11
8Ride The Dragon4:14

Besetzung

James Delbridge (Voc, Git)
David Shute (Git)
Carlo Côte (B)
Nathan Shuman (Dr)
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger