Reviews
Madrigali a cinque voci Libro IV / 4. Madrigalbuch
Info |
IM DISSONANZENDICKICHT
Mit seinem 1596 veröffentlichten 4. Madgrigalbuch lässt Carlo Gesualdo, der komponierende Fürst von Venosa, sich auf immer gewagtere Chromatismen ein, um die Leidenschaft der dichterischen Vorlagen in allen schmerzlusthaften, liebestodsehnsüchtigen Verwirrungen in Musik zu übertragen. An der Schwelle zum Barock schwelgte eine ganze Gruppe von Komponisten in Extremen und Manierismen. Ihre Musik ist in harmonische Gärung übergegangen, wie überreifes Obst oder Fleisch mit einem gewissen Hautgout. An die Ausführenden stellt ein solcher Achtausender des Madrigalgesangs höchste Anforderungen in punkto Intonationssicherheit und Klangbalance, expressiver Aufladung und Disziplin.
So gesehen bietet das Ensemble Tarentule eine Interpretation, die das Fiebrige, Erregte von Gesualdos Madrigalfantasien engagiert herauskitzelt. Doch sorgt eine eher hallige Raumakustik und ein vor allem in den hohen Registern mitunter grelles Klangbild dafür, dass die Musik eher noch unsteter wirkt, als Hörer verliert man sich da schnell mal im Dissonanzendickicht.
Der Zusammenklang der fünf Sänger:innen kommt weit weniger differenziert herüber als z. B. in der jüngsten Aufnahme des Vokalconsorts von Les Arts Florissants unter der Leitung und Mitwirkung von Paul Agnew. Diese wird durch eine sehr viel klarere, intimere kammermusikalische Akustik unterstützt. Agnew und sein Ensemble lassen sich auch etwas mehr Zeit, um Gesualdos Dramatik auszukosten; die individuellen Stimmfarben mischen sich idealer und werden auch rhetorisch mehr zugespitzt, ohne dass die Musik unscharf wirkt.
Georg Henkel
Besetzung
Morgane Collomb, Sopran
Marie Cubaynes, Mezzo-Sopran
Cecil Gallois, Countertenor
Xavier de Lignerolles, Tenor
Vincent-Armaud Gautier, Bass-Bariton
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |