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Ich will den Herrn loben allezeit - Geistliche Konzerte
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 07.05.2021 (Christophorus / Note 1 / CD / 2020 / Best. Nr. CHR 77454) Gesamtspielzeit: 60:20 Internet: Les Escapades |
PUZZLE
Nach und nach fügen sich die Bausteine zusammen, mit denen sich musikhistorisch die Brücke schlagen lässt von Heinrich Schütz als frühem Eckpfeiler der protestantischen Kirchenmusik zu Johann Sebastian Bach als deren Großmeister. So haben wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten entdecken dürfen, wie reich und vielgestaltig auch die rund 100 Jahre dazwischen gefüllt waren: Neben den Vorfahren in der Bach-Familie oder Buxtehude wären Knüpfer, Bruhns, Theile oder Förtsch zu nennen, denen inwischen zumindest diskographisch ein wenig Gerechtigkeit widerfahren ist. Hier reiht sich mit der CD des Ensembles Les Escapades jetzt auch Georg Christoph Strattner (1644/545-1704) ein, dessen wichtigste berufliche Stationen die Anstellungen am Hof des Markgrafen von Baden-Durlach, vor allem aber jene als Musikdirektor der freien Reichsstadt Frankfurt a.M. waren. Dort erlangte er hohes Ansehen, bis eine außereheliche Affäre mit einer Dienstmagd schließlich dazu führte, dass man ihn der Stadt verwies.
Dem ersten Geiger des Ensembles, Cosimo Stwiarski, kommt das Verdienst zu, die hier vorgestellten Geistlichen Konzerte aus Strattners Feder ediert und in dieser Konzeption zugänglich gemacht zu haben. Und tatsächlich ist man schon beim ersten Stück, dem titelgebenden "Ich will der Herrn loben allezeit" erstaunt, wie fein diese zuvor noch nie eingespielte Musik gearbeitet ist. Vielfach operiert Strattner mit durchaus verblüffenden, auch dramaturgisch geschickten Effekten, die in den ruhigen, meditativ-betrachtenden Fluss der Musik eingewoben werden. Exemplarisch stehen dafür der freudig bewegte Schluss des zuvor so eindringlichen "Ach Vater, ich hab gesündiget" oder auch die wiegenden Passagen in "Herr, der du uns hast anvertraut".
Sänger:innen und Instrumentali:innen stellen den Andachtscharakter der Musik in den Vordergrund, ohne dass die Kunstfertigkeit zu kurz käme. Die Vokalstimmen fügen sich in aller Natürlichkeit homogen und rund ineinander, der instrumentale Grund ist vom weichen, warmen Sound der Viola da gamba (teils zu dritt, teils zu viert) geprägt. Die weitgehend ähnliche Besetzung in allen sieben Stücken führt allerdings dazu, dass die anfängliche neugierige Freude beim Hörer nach und nach in eine gemütliche Beruhigtheit übergeht - anders gesagt: Diese Geistlichen Konzerte waren natürlich nicht dafür konzipiert, in Reihe dargeboten zu werden. So verdienstvoll die Weltersteinspielungen sind, so gut hätte der CD doch etwas mehr Abwechslung getan, etwa auch durch rein instrumenatle Einschübe oder Vergleichswerke von Strattner-Zeitgenossen. Aber damit wäre Strattner selbst dann vielleicht doch wieder zu kurz gekommen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
2 Ach mein Vater, ich hab gesündigt 11:11
3 Getreuer Schöpfer 08:27
4 Ich stelle mich bei meinem Leben 12:00
5 Du Hirt Israel, höre 06:52
6 Herr, der du uns hast anvertraut 07:26
7 O Gott, du Ursprung aller Liebe 10:21
Besetzung
Alexander Schneider: Altus
Daniel Schreiber: Tenor
Markus Flaig: Bass
Les Escapades
Cosimo Stawiarski: Ltg. & Konzeption
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |