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Ariadne
Info
Musikrichtung:
Barockoper
VÖ: 23.05.2005 cpo / jpc (3 CD, DDD (AD: 2004) / Best.nr. cpo 777 073-2) Gesamtspielzeit: 175:44 Internet: Boston Early Music Festival umfassende Info-Seite zu "Ariadne" bei Radio Bremen |
KALEIDOSKOP
Wähnt man sich während der Ouvertüre noch sicher im Hafen französischer Barockmusik, wird man mit der Aufftrittsarie der Ariadne gleich unversehens in italienische Gefilde geworfen. Aber auch ein deutsches Volkslied kann dem Zuhörer in Johann Georg Conradis (ca. 1645-1699) Oper "Ariadne" bisweilen begegnen. So bunt kann Barockoper und so reizvoll ihre deutsche Ausprägung sein. Ist dies erst in den letzten Jahren anhand der Bühnenwerke Telemanns oder Keisers entdeckt worden, so tun sich auf diesem Gebiet scheinbar immer neue Schätze auf.
Conradis Oper fällt in die Anfangsphase des berühmten Hamburger Opernhauses, jenem Vorreiter auf deutschem Boden. Conradi übernahm 1690 die Leitung der erst 12 Jahre zuvor eröffneten Oper und schon 1691 kam "Ariadne" dort zur Uraufführung. Die intensive Beschäftigung des Komponisten mit den Stücken seines französischen Kollegen Lully und den Werken der italienischen Schule (Cavalli, Steffani, Monteverdi) trug hier überreiche Früchte. Sowohl das kantable Element der italienischen Oper, wie auch die tänzerischen Instrumentalsätze des französischen Pendants vermochte Conradi aufzunehmen und in einer neues Gesamtkunstwerk zu integrieren. Hinzu treten, v.a. in den buffonesken Abschnitten volksliedhafte Elemente aus dem deutschen Sprach- bzw. Musikraum.
Das alles wird sorgfältig gewählt, genauestens angepasst und mit ausgetüftelten, dramatisch geschickt gestalteten Rezitativen verbunden. Die Vielfalt der Stimmungen, musikalischen Einfälle und Zitate übt einen ganz besonderen Reiz aus.
Dem Boston Early Music Festival muß man dankbar sein, dass es diese Wiederentdeckung ermöglicht hat. Dessen ungeachtet ist es bedauerlich, dass es überseeischen Engagements bedurfte und scheinbar eine Wiederbelebung auf einer heimischen Bühne nicht möglich war. Immerhin aber haben Radio Bremen und WDR 3 in einer Koproduktion mit dem Label cpo das Ganze auf einer klanglich voluminösen und mit einem üppigen Booklet versehenen CD-Box festgehalten.
Das Leitungsteam aus Paul O´Dette & Stephen Stubbs zeichnet Conradis frischen Stil lebendig, aber mit viel Gespür für die Feinheiten nach.
Innerhalb der Sängerriege brilliert vor allem Karina Gauvin in der Titelrolle. Obgleich Conradi kein Koloraturfeuerwerk vorsieht, handelt es sich um eine technisch sehr anspruchsvolle Partie, der die Kandadierin mit nuancenreichem Vortrag vollauf gerecht wird. Sehr gut mag auch Marek Rzepka als Minos mit volltönendem Bass zu gefallen. Eher schmal niimmt sich hingegen die Stimme von Barbare Borden aus. Ellen Hargis hat in den Höhen mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Viel komisches Talent bringt Jan Kobow als Pamphilius ein und Matthew White stellt eine angenehm bewegliche Counter-Stimme vor.
Sven Kerkhoff
Besetzung
Phaedra: Barbara Borden, Sopran
Minos: Marek Rzepka, Bass
Evanthes & Bacchus: Matthew White, Countertenor
Pasiphae & Venus: Ellen Hargis, Sopran
Theseus: James Taylor, Tenor
Pirithous: Julian Podger, Tenor
Pamphilius: Jan Kobow, Tenor
Orchestra & Chorus of the Boston Early Music Festival
Ltg. Paul O´Dette & Stephen Stubbs
So bewerten wir:
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06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |