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Requiem
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 05.03.2021 (Alpha Music / Outhere / Note 1 / CD / 2019 / Best. Nr. ALPHA 665) Gesamtspielzeit: 72:08 Internet: Vox Luminis Freiburger Barockconsort |
VERFEINERUNG
Heinrich Ignaz Franz Bibers (1644-1704) Requiem gehörten zu den bekanntesten und am häufigsten eingespielten Vertonungen der Totenmesse aus der Blütezeit des Barock. Dem Geschmack und liturgischen Verständnis zum Ende des 17. Jahrhunderts gemäß ist sie weniger eine dramatische Ausdeutung des Textes, als ein hochverfeinertes Stimmkunstwerk, das seine Wurzeln in der Mehrchörigkeit der Renaissance nicht verleugnet, sie aber um ausdrucksstarke Solo-Passagen anreichert und durch den Einsatz dunkler Bläserstimmen einen suggestiven Klangraum schafft.
In ihrer Erhabenheit und komplexen Konstruktion haftet der Musik unweigerlich etwas Artifizielles an, wovon auch Lionel Meunier und sein Ensemble Vox Luminis sie nicht vollständig zu befreien vermögen. Die respekteinflößende Stimmkultur des Ensembles trägt im Gegenteil eher das ihre dazu bei. Meunier setzt den Gegenpol hierzu, indem er die Kontraste innerhalb der Sätze des Werkes verstärkt: So spitzt er etwa das „Dies irae“ in Tempo und Dynamik dramatisch zu, während er den einleitenden Introitus so durchgeistigt langsam-schwebend intonieren lässt, dass die musikalische Eingangsfigur beinahe zerfällt.
Das Freiburger Barockconsort, entstanden als „kleinere Formation“ des Freiburger Barockorchesters, begleitet oder besser gesagt: bereichert, das Ganze mit herrlich erdigen Klangfarben und durchaus zupackend. Gleichwohl erreicht die Interpretation trotz oder gerade wegen ihres unbedingten Willens, stimmliche Reinheit und Perfektion auszustellen, insgesamt nicht die zwingende Wirkung der Referenzeinspielung unter Paul McCreesh (DGG Archiv, 2004 - MAS-Review).
Allerdings wartet das Album mit einer reizvollen Rahmung auf, die zeigt, dass zumindest musikalisch die konfessionellen Gräben jener Zeit durchaus nicht so tief waren, wie man vermuten könnte: Neben Musik des (österreichisch-katholischen) Kollegen Fux werden vor allem zwei prachtvoll polyphone Motetten des lutherischen Komponisten Christoph Bernhard (1628-1692) präsentiert, die strukturell durchaus Verwandtschaft zu Bibers Requiem besitzen. Das weit ausgreifend gestaffelte, rund 13minütige „Herr, nun lässest Du Deinen Diener“ ist dabei weit mehr als eine bloße Dreingabe, sondern eine absolut hörens- und kennenswerte Entdeckung.
Sven Kerkhoff
Trackliste
2 Chr. Bernhard: Triublarer si nescirem
3 J. M. Nicolai: Sonata a 6 a-moll
4-9 H. Biber: Requiem f-moll, C 8
10 J.J. Fux: Sonata a 4 g-moll, K. 347
11 J.J. Fux: Omnis terra adoret, K. 183
Besetzung
Freiburger Barockconsort
Lionel Meunier: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |