Reviews

The Band

Stage Fright

Info Musikrichtung: Americana VÖ: 12.02.2021 (Capitol/Universal) Gesamtspielzeit: 140:24 Internet: https://theband.hiof.no/ https://www.promo-team.de/

Als Nachfolger von The Hawks und Begleiter von Bob Dylan ("Basement Tapes") erschien 1968 das Erstlingswerk von The Band. ("Music From Big Pink") Nachdem dieses und das selbstbetitelte ("The Band") Album eine Neuauflage als "50th Anniversary Edition" erfuhren, so widerfährt das nun auch dem dritten Album, Stage Fright. Es erschien am 17. August 1970 auf dem Label Capitol Records. Von der Kritik wurde das Album zumeist positiv aufgenommen, auch wenn es rückblickend meist von dem Klassik-Status seiner beiden Vorgänger überschattet wird. Stage Fright hatte jedoch bessere Chartplatzierungen als die vorherigen Alben der Band. In den US-amerikanischen Billboard-Charts kam das Album bis Platz 5, in Großbritannien bis Platz 15.

Nach und nach schob sich offensichtlich Robbie Robertson nach vorn, war er doch auf allen Songs als Komponist oder Co-Writer verzeichnet. Stilistisch öffnete sich die Musik mehr dem Rock als auf den vorherigen Alben. Dennoch versprühte es die gleiche Geschlossenheit und Dichte wie dort, aber die Musik hatte sich verändert, wenn man genau hinhört und man hatte sich musikalisch erweitert und insgesamt klang es noch professioneller, mit "Stage Fright“ und "The Shape I’m In“ enthält es zwei große Hits der Band.

Wer das Original-Album besitzt, wird sich wundern, warum die Titelreihenfolge eine andere ist. Dazu Robbie Robertson: : "Wir haben hinterher eine andere Reihung genommen, weil wir Richards und Levons Beiträge als Songwriter damit in den Mittelpunkt rücken wollten. Aber mit der Zeit landete ich immer wieder bei unserer Originalreihenfolge, weil die einen sehr viel besser in die Welt von Stage Fright eintauchen lässt. So war die nun vorliegende Songreihenfolge wohl die ursprünglich auch geplante.

Die Neuauflage erscheint als LP, 2CD und Super Deluxe Edition sowie im digitalen Format. Alle Versionen enthalten das neu abgemischte und remasterte Album. Die 2CD ist um Bonustracks und eine Live-Performance in der Royal Albert Hall erweitert. Dieses komplette Konzert, "Live At The Royal Albert Hall June 1971", zeigt die Gruppe inmitten ihrer Europatournee, wobei alle 20 Titel bisher unveröffentlicht sind. Dieser Live-Auftritt ist sowohl auf dem 2-CD-Set als auch auf der Super-Deluxe-Edition des Box-Sets enthalten.

Sämtliche Jubiläumseditionen entstanden unter der Aufsicht von Robbie Robertson, der auch die Bonustracks auswählte; für den neuen Stereo-Mix, basierend auf den Original-Mastertapes, zeichnete wie zuletzt bei den Vorgänger-Neuauflagen Bob Clearmountain verantwortlich.

Neben zwei Alternate Mixes enthält die erste CD zudem noch die "Calgary Hotel Room Recordings, 1970". Das ist eine Aufzeichnung von John Scheele, ein Mitschnitt einer spätabendlichen Spontan-Session von Robertson, Danko und Manuel, die ausgewählte Titel von Stage Fright zu dritt interpretieren, zwar in restauriertem Zustand, aber nicht in allerbester Qualität. Dennoch stellen diese acht Songs eine wichtige Bereicherung dar, ist die eingefangene Stimmung auch wirklich großartig.

EMI nutzte seinerzeit die Gunst der Stunde, als die Show in der Londoner Royal Albert Hall auf dem Programm stand, und schnitt den Auftritt mit eine Vierspurrekorder mit. Die Aufnahme umfasst also zwanzig bislang unveröffentlichte Live-Songs: Neben einigen Stücken vom damals aktuellen Stage Fright-Album präsentierten die Nordamerikaner in London auch Material von den beiden Vorgängern, u.a. "The Weight“, "King Harvest (Has Surely Come)“, "Up On Cripple Creek“, "The Night They Drove Old Dixie Down“, "Across The Great Divide“ oder "Chest Fever“. Dazu spielten sie auch zwei Coverversionen: Bob Dylan's "I Shall Be Released“ und eine spezielle Interpretation des Four-Tops-Hits "Loving You Is Sweeter Than Ever“ von Stevie Wonder. Robbie Robertson soll diesen Auftritt später als eines der größten Konzerte, das The Band je gespielt haben, bezeichnet haben. Tatsächlich verbreitet die Musik auch eine herrlich lockere Stimmung, perfekt und leidenschaftlich eingespielte Musik mit diesem absolut warmherzigen und gemütlich klingenden Groove, ein perfekter Vorläufer dessen, was man heute als Americana bezeichnet.

Anzumerken ist noch, dass auf dem gelben Aufkleber der Jewel Box ein Fehler unterlaufen ist. Hiernach fand das Konzert in der Royal Albert Hall nicht 1971, sondern 1970 statt.

Wolfgang Giese