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Reviews

Purcell, H. & D. – Eccles, J. – Blow, J. u.a. (Bestion De Camboulas, L.-N.)

Tyrannic Love


Info

Musikrichtung: Barock Ensemble

VÖ: 05.02.2021

(ALPHA / Note 1 / CD / 2020 / Best. Nr. Alpha 663)

Gesamtspielzeit: 60:47

MAD – FOR MUSIC!

„Was für ein Feuer brennt in Purcells Musik! Welche Lebendigkeit in englischen Masques! Und was für eine Wonne ist es, diese Kleinodien aufzunehmen!“
Dieser enthusiastische Kommentar des Ensembleleiters Louis-Noël de Camboulas bringt so ziemlich auf den Punkt, was die Zuhörenden in dieser guten Stunde erwartet: Ein Feuerwerk origineller Musik in hinreißenden Interpretationen.

Programmatisch sorgt die Mischung aus prominenten Stücken – u. a. instrumentale Einlagen und Tänze aus Henry Purcells „King Arthur“ oder „The Fairy Queen“ – mit weniger bekannten vokalen Nummern aus englischen Masques (einem Vorläufer der englischen Oper) für eine hoch unterhaltsame Mischung.
Man wird in die wilden 1660er Jahre katapultiert, als sich England von der sittenstrengen Cromwell-Ära erholte, die Theater wieder öffneten und die Lust auf Unterhaltung die Menschen aller Stände vereinte. Versierte Komponisten wie Henry und Daniel Purcell, John Eccles und John Blow statteten die Hofspektakel und Sprechdramen mit Musik aus, die die literarischen Vorlagen nicht selten an Witz und Originalität überboten. Und was konnte besser geeignet sein, als die Musik, um außergewöhnliche seelische Zustände oder auch übernatürliche Phänomene wie Geistererscheinungen zu illuminieren?

Vor allem die Liebe bot zu allen Zeiten ausreichend Gelegenheit, sich zum Narren zu machen, in tiefste Melancholie zu versinken oder schier verrückt zu werden. „Mad Songs“, die sich dem amourösen Wahnsinn in allen Schattierungen widmeten, waren damals en vogue. Eine Nummer wie John Eccles „I burn, my brain consumes to ashes“ erreicht mit seinen wild gezackten Vokallinien und raschen Affektwechseln geradezu neutönerische Qualitäten. Eugénie Lefebvre bringt diese Musik mit ihrem reich schattierten, temperamentvollen Sopran sprechsingerisch zum Glühen, Klagen und Rasen: Farce und Tragödie finden sich auf engstem Raum vereint.
Gleich darauf erweist sich Étienne Bazola mit seinem exquisiten Bariton in John Blows sanft verwirrten „Poor Celadon, he sighs in vain“ als nicht minder herausragender Gestalter. Im weiteren Verlauf vertauschen die beiden auch mal die Rollen: In Purcells verträumtem „So when the glittering Queen of Night“ entschwebt Lefebvre in lichte Sopranhöhen, während Bazola im folgenden „This poet sings the Trojan wars“ erst markige Töne anschlägt, dann ins elegische Register wechselt und am Schluss ein fast vaudville-artiges Finale hinlegt.

Die typisch britische Mischung aus Ernst und Ironie verleiht den Stücken oft noch einen doppelten Boden. Da gibt es überdrehte Solosongs, schmissige Tänze oder sanfte Sehnsuchtslieder mit Begleitungen aus Flöten- und Streichern. Doch selbst ein pastorales Duo wie Eccles „Sleep, poor youth“ lebt aus der spannungsvollen Verbindung dieser Sphären. Da mischen sich Tambourklänge mit einem Blockflötenconsort und der Gambe: Ein unruhiges „Pochen des Herzens“ begleitet die besänftigenden Worte der Hirtin. Die Hinzunahme des Schlagzeugs ist eine interpretatorische Entscheidung, aber in der Gesamtwirkung immer stimmig.

Das „Ensemble Les Surprises“, das bislang vor allem mit entlegenem französischen Repertoire hervorgetreten ist, macht seinem Namen alle Ehre. Zwischen Mini-Salon-Orchester und barocker Folk-Big-Band beherrscht es alle möglichen Dialekte und erweist sich in den fein ausgehörten Orchestrierungen als ein Meister der Kolorierungskunst. Jedes Stück hat seine eigene Farbe, Stimmung, Atmosphäre. Schon die eröffnende „Hornpipe“ von Purcell klingt so, wie man sich das bei dem Titel vorstellt. Herzhafte Fagotttöne, Cembalo und Truhenorgel, Theorbe, Gitarre und Gambe sorgen überdies für ein schillerndes Bassfundament.
Kurz: Les Surprises brennen hörbar für die Musik – „mad - for music“, das ist sicherlich nicht die schlechteste Geistsverfassung! Ihr erstes Album für das Label Alpha ist ein formidabler Einstand, man freut sich schon auf die Fortsetzung.



Georg Henkel

Trackliste

H. Purcell: Hornpipe & Chaconne (King Arthur); Dance of the Furies (Diocelsian); There's not a Swain on the Plain (Rule a Wife and have a Wife); Hornpipe, Dance for the Fairies, Dance for the Green Men (The Fairy Queen); Symphony, Ye twice ten-hundred Deities, Seek not to know (The Indian Queen); Ouvertüre & Slow Air (The Virtuous Wife); The Yorkshire Feast Song "So when the glitt'ring Queen of Night"; Anacreon's Defeat "This Poet sings the Trojan Wars"; Tyrannic Love "Hark! My Damilcar"
J. Eccles: I burn my Brain consumes the Ashes & Sleep, poor Youth (The Comical History of Don Quixote)
J. Blow: Poor Celadon, he sighs in Vain; Sarband for the Graces (Venus and Adonis)
J. Clarke: Ground d-moll
D. Purcell: My Dearest, my Fairest (Pausanias, the Betrayer of this Country)

Besetzung

Eugénie Lefeebvre, Sopran
Étienne Bazola, Bariton

Ensemble Les Surprises

Louis-Noël de Camboulas, Orgel, Cembalo & Leitung
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