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Serenissima – Ein musikalisches Portrait von Venedig um 1726
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 08.01.2021 (Ramée / Outhere Music / Note 1 / CD / 2019 / Best. Nr. RAM 1902) Gesamtspielzeit: 76:13 Internet: The 1750 Project (FB) |
DIE REISE BEGINNT
The 1750 Project, das ist nicht nur der Name des Instrumentalensembles, sondern auch Programm, denn geplant ist, den Hörer auf verschiedene Etappen einer Reise zwischen 1720 und 1750 mitzunehmen, die zu einem bestimmten Jahr jeweils an einem anderen Ort Station macht. Den Auftakt bildet – wie könnte es anders sein – die wohl kunstsinnigste, tönendste und in vielfacher Art unmögliche Lagunenstadt Venedig im Jahr 1726. Brennglas und Schmelztiegel maßgeblicher stilistischer Entwicklungen. So konnte man dort zu dieser Zeit weiterhin den Werken des Barockmeisters Vivaldi lauschen, aber eben auch schon die Töne des in der Stadt weilenden Nicolo Porpora vernehmen, der den rokokohafteren neapolitanischen Stil vertrat und weit nach Europa hineintrug. Beide lieferten sich in den Opernhäuser Fernduelle, hier aber lernen wir sie eher mit kammermusikalischen Werken kennen, wie sie bei einer privaten Accademia in einem der prächtigen Palazzi hätten präsentiert werden können.
Das entsprechend schlank besetzte Ensemble (zwei Violinen, Oboe, Traversflöte, Viola, Cello und Cembalo) musiziert die Sonaten und das Concerto für Oboe feinsinnig genau, dabei aber eher spitz rhythmisiert als galant schwingend. Das fügt sich zur sehnsüchtig-sanglichen Oboenlinie im Concerto RV 454 nicht so stimmig wie zur Violinsonate RV 758. Die eingestreute Cembalo-Sonate von Domenico Scarlatti, für deren Venedig-Bezug man schon etwas weiter ausholen muss, beleuchtet in der Interpretation den Witz und Vorwitz des Stücks gut, bleibt aber vielfach auch mechanisch harsch.
Anders der silberhelle Vortrag der Sopranistin Perrine Devillers, die den beiden Vivaldi-Kammerkantaten RV 687 und 679 und Porporas „Questi è il platano“ bukolische Lebendigkeit, Zärtlichkeit und ernsthafte Empfindsamkeit einhaucht – da kann umstandslos mitgeliebt, mitgeseufzt und mitgelitten werden, ohne dass die melodisch blühenden Arien opernhaft überfrachtet würden.
Man darf gespannt sein, wo das Projekt als nächstes Station machen wird, zumal der Klang (mit angenehm Wärme beisteuerndem, leichten Kirchenraumhall) unter der bewährten Regie von Labelgründer Rainer Arndt einmal mehr optimal und erstaunlich rund eingefangen wurde.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Scarlatti: Cembalosonate K. 162
Porpora: Arie "Pietoso Ciel difendimi"; Kantate "Questo e il platano frondoso"
Sammartini: Oboensonate C-Dur op. 11 Nr. 2
Besetzung
The 1750 Project
Benoît Laurent: Oboe & Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |