Reviews
Holistic Images
Info
Musikrichtung:
Modern Jazz
VÖ: 30.10.2020 (Klaeng Records) Gesamtspielzeit: 50:44 Internet: http://www.lucasleidinger.com/index.html https://klaengrecords.de/de/home.html http://uk-promotion.net/ |
Der aus Aachen stammende Pianist Lucas Leidinger fiel mir 2016 bereits mit seinem Trio auf, dass er allerdings um Streicher erweitert hatte. War die Basisgruppe noch ein klassisches Piano-Trio mit Bass und Schlagzeug, so stellt Leidinger nun erneut ein Trio vor, diesem Mal sind es jedoch Saxofon/Klarinette und Schlagzeug, die ihn begleiten. Diese Konstellation ist im Jazz auch eher selten.
Nun, der Pianist ist bekannt als Suchender nach neuen Formen und Strukturen. Mit seinem Trio Aurora versucht er, neue Wege zu beschreiten. Aurora = Morgenröte, das ist dann passend, der Tag ist angebrochen, noch frisch, voller Hoffnungen und Erwartungen, warum dann nicht auch einmal etwas Neues beginnen?
Neu ist sicher in diesem Zusammenhang, dass der Bass als in vielen Formationen oft wichtiges Bindeglied fehlt. Das kann bedeuten, dass sich die drei Einzelpersönlichkeiten mehr entfalten können, aber auch ist gefordert, dass sie selber einander festhalten, um etwas Gemeinsames zu schaffen. Und so ist Fabian Arends als Schlagzeuger nicht nur in dieser reinen Rhythmusfunktion angetreten, sondern als gemeinsamer Klanggestalter tätig.
Wirkt die Musik von Beginn an auch recht frei, so bemerkt man doch spätestens beim zweiten Song, wenn man sich schon ein wenig eingehört hat, dass unsichtbare Fäden die Aktionen der drei Musiker zusammenhalten. Obwohl sie ihre jeweilige Freiheit nutzen, scheinen sie dennoch aneinander zu kleben. Und die Freiheit wird auch in relativ enge Grenzen gesetzt. Wir hören keinen Free Jazz, niemand löst sich hier von Strukturen und nimmt Reissaus auf dem Weg zu einer eigenen Reise. Das klassische Solo fehlt hier, soliert wird ständig, ineinander verflochten.
Und so birgt jeder Song stets einige Überraschungen, bei "In Frequency" zum Beispiel scheinen sich Piano und Schlagzeug für eine Weile gemeinsam zu formieren, um dem Saxofon den Weg zu bereiten für einen Solo-Ausflug, doch rasch sind die Drei wieder beisammen und gestalten gemeinsam. Dieses Merkmal der Gemeinsamkeit durchzieht die ganze Platte. Dieses wiederum, weil diese Gemeinsamkeit auch sehr spontan entsteht, ist beim Hören erhöhte Aufmerksamkeit gefordert, denn nur so kann man mit dabei sein, wie sich die drei Musiker unterhalten.
Und diese Unterhaltungen bergen verschiedene Themen, mal klingt es ruhig und verträumt, dann wieder nach Aufbruch, auch hektische Momente oder wirklich Schönes wird reflektiert, besonders dann, wenn solche fließenden Passagen wie bei "Rubato" in den Vordergrund treten. Dann fühle ich mich wieder einmal an die Anfangsjahre der Musik des Labels ECM erinnert. Wie und dass diese Musik auch live funktioniert, zeigt uns dann der letzte Titel, "Aurora". Darüber hinaus ist allerdings noch anzumerken, dass wie folgt nachzulesen ist: "This recording is uncut, the music is presented exactly as performed", alles eigentlich alles live.
Trackliste
2 Breath (4:49)
3 In Frequency (or 4 1/2 years inside a canon) (5:11)
4 Rubato (15 Hungarian Peasant Songs) (3:17)
5 Die Burg (no one will ever pass) 4:45)
6 Green Desert (3:42)
7 Holistic Images (6:49)
8 K’s Red Eyes (3:15)
9 The Inner Shade (5:55)
10 Aurora (Live) (7:05)
Besetzung
Sebastian Gille (tenor saxophone, alto clarinet)
Fabian Arends (drums)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |