Reviews
Pure
Info
Musikrichtung:
Melodic Rock / AOR
VÖ: 21.02.2020 (Escape Music / H´Art) Gesamtspielzeit: 43:44 |
Eigentlich hatte ich gar nicht vor, mir dieses Album anzuhören. Erstens musste ich aufgrund des Coverfotos und des Titels Pure spontan an etwas denken, das in die Unplugged-Richtung ging, und danach war mir so überhaupt nicht. Zumal ich mir nicht vorstellen konnte, dass die Stücke von Robert Hart gestrippt funktionieren.
Denn das war der zweite, eigentliche Grund für mein Zögern: Ich bin mit dem Solomaterial des Sängers nie richtig warm geworden. Natürlich war und ist der Brite ein brillanter Sänger mit guten Songs, aber die mir bekannten waren derart durchdesignt und technisch, dass bei mir wenig davon ankam. Hängen blieb trotz Hooklines en masse bei mir letztlich gar nichts. Durch diese kopflastige Machart entstand eine kalte, sterile Atmosphäre anstatt Wärme und Nähe. Wie soll da eine Melodie das Herz erreichen?
Plötzlich lief die Scheibe aber doch, und was soll ich sagen? Mir fiel die Kinnlade runter! „Making Magic“ startet flott und furios mit einem starken Funk-Einschlag (der sich im Laufe der leider nur 43 Minuten immer wieder bemerkbar macht). Geht gleich richtig in die Beine und ist viel zu schnell vorbei!
Jeder der 12 Songs unterscheidet sich in einem Ausmaß von den anderen, das einem im Melodic Rock nicht oft begegnet. Die meisten haben „Es“, das gewisse Etwas. Das hätte ich nicht gedacht!
Die Lorbeeren für das Gelingen dieses Unternehmens gebühren vor allem Tommy Denander. Der Schwede ist selbst der größte Fan, des Stils, in dem er sich tummelt und schreibt und produziert daher Songs, die er selbst gern hören würde. Seine Soli sind dabei stets ein besonderer Genuss. Diesmal empfand ich viele zunächst als zu kurz, aber im Endeffekt ist jedes (!) so lang, wie es das jeweilige Stück braucht, um seine volle Wirkung zu entfalten. Keine Ahnung, ob sie ursprünglich länger sind und er sie für die finale Version editiert, aber dieses Gespür ist bewundernswert!
Und Hart selbst hat man wohl noch nie besser und vor allem so variabel erlebt. Genauso wie sich die Lieder voneinander unterscheiden, klingt der 61-jährige auf jedem Stück anders, hier etwas mehr, dort etwas weniger – eben genau so, wie es gerade erforderlich ist. Auch das hätte ich nicht gedacht! Im Nachhinein hätte ich durch das verschmitzte Grinsen des Sängers auf dem Coverbild gewarnt sein müssen!
Egal ob Wohlfühl-AOR („Different People“), das rockige „Double Trouble“, „Scene Of The Crime“, in dem Westcoast-Einflüsse verarbeitet wurden, oder das tanzbare „Go Crazy“, dessen mitreißender Beat sich wie selbstverständlich in einem Melodic Rock-typischen Refrain auflöst – alles begeistert mit Dynamik, Pepp und einem Schwung, dem man sich nicht entziehen kann. Gerade an Letzterem hat der erwähnte Funk einen großen Anteil!
Mit „This Is The Night“ ist überdies ein Stück auf dieser Platte, das mit seinem Mix aus Synthie-Klängen und Melodic Rock eine Verbindung zu Harts Solo-Vergangenheit herstellt. Das Resultat ist ein dicht gewebter Synthie-Teppich, der mit Gitarren- und Keyboard-Tupfern gesprenkelt ist.
Dies alles – und bestimmt noch etliches mehr, das mir gerade nicht einfällt – macht Pure zu einem Muss für jeden, der mit Rockmusik auch nur entfernt etwas anfangen kann.
Michael Schübeler
Trackliste
1 | Making Magic | 3:14 |
2 | Little Miracle | 4:17 |
3 | Sensational | 3:35 |
4 | Go Crazy | 3:27 |
5 | This Is The Night | 3:45 |
6 | Different People | 4:06 |
7 | Double Trouble | 2:56 |
8 | Chemistry | 3:25 |
9 | Mysterious | 4:10 |
10 | Don´t Make Promises | 3:29 |
11 | Scene Of The Crime | 3:41 |
12 | Colour Of Love | 3:39 |
Besetzung
Tommy Denander (Guitars, Keyboards)
Brian Anthony (Bass, Percussion)
Michael Lange (Drums)
Steve Overland (Backing Vocals)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |