Reviews
Colors
Info
Musikrichtung:
Modern Jazz
VÖ: 18.09.2020 (berthold records) Gesamtspielzeit: 50:26 Internet: https://talarditi.com/ https://www.uk-promotion.de/ https://www.berthold-records.de/ |
Der in Berlin lebende Gitarrist Tal Arditi (Jahrgang 1998) stammt aus Israel und ist bereits mindestens als 17jähriger recht erfolgreich, bestritt er doch damals das Finale eines israelischen Jazz-Wettbewerbs.
Das Live-Album ”Portrait” aus 2018 war sein Debüt, und mit Colors legt er nun nach. Mit dem Bassisten Lukas Traxel und dem Schlagzeuger Tobias Backhaus tritt er ein in die lange Reihe vieler Jazzgitarristen, die Aufnahmen im Trioformat vorlegten. Und da gibt es nun sehr viele unterschiedliche musikalische Ausprägungen, beispielhaft seien genannt The Wes Montgomery Trio, Bill Frisell mit Elvin Jones and Dave Holland, The Jim Hall Trio, John Abercrombie mit "Gateway", Pat Metheny mit "Bright Size Life", ferner Alben mit Jimmy Raney, Larry Coryell, Howard Alden oder Joe Pass. Doch das ist letztlich nur ein Teil jener Alben und Trios, die die musikalische Vielfalt des Genres ausdrücken.
Und genau darum ist es sicher kein leichtes Unterfangen, überhaupt noch etwas Neues zu schaffen und vorzustellen. Und ich denke, das versucht Arditi auch gar nicht. Vielmehr scheint es so, dass er seine persönlichen Eindrücke und Vorstellungen vereint hat und diese versucht, umzusetzen, und das schliesslich sehr eindrucksvoll. Nach drei Songs kann ich nicht unbedingt angeben, an wem sich der junge Mann speziell orientiert. Allerdings vernehme ich eher wenige Annäherungen an einige Pioniere der Jazzgitarre, wie Herb Ellis, Joe Pass, Barney Kessel, Tal Farlow, Kenny Burrell, Jim Hall, Wes Montgomery oder Jimmy Raney.
Vielmehr sehe ich Einflüsse aus späteren Entwicklungen des Instruments, Larry Coryell, John Scofield oder Pat Metheny, und auch Elemente der Rockmusik sind mitunter eingeflochten in die vielschichtige Ausgestaltung der zehn Songs. Arditi nennt als Einflüsse dann auch Kollegen wie Jimmy Page, John Scofield, Pat Metheny, Toninho Horta, sowie an Nicht-Gitarristen Musiker wie wie Bud Powell, Keith Jarrett oder Brad Mehldau.
So sind komplexe Harmonien mit zugänglichen Parts kombiniert worden. Allerdings stelle ich fest, dass im Vordergrund eher eine nüchtern ausgeprägte Atmosphäre vorherrscht. Das heisst, dass die Musik mitunter relativ emotionslos dahinfließt und von der Technik vordergründig beherrscht wird. Und technisch ist Arditi sehr interessant, dazu seine eigenen Worte: „Ich spiele mit Plektrum und drei Fingernägeln, so dass ich manchmal zwei oder gar drei Stimmen erzeugen kann“, und so soll sich dann der Albumtitel Colors, in Hinblick auf das komplexe Gitarrenspiel, ergeben haben.
Ja, sicher - farbenfroh geht es durchaus zu auf dem Album, Einflüsse aus Jazz, Rock und teilweise aus Latin und Klassik haben dazu beigetragen, dieses bunte Bild zu schaffen. Dabei sind die Stücke in der Regel nicht unmittelbar greifbar, man kann sich ihnen eigentlich wirklich erst erschliessen, wenn man öfter und näher zuhört. Hierzu noch einmal der Protagonist selbst: „Rockige, verzerrte Gitarrenklänge folgen auf entspanntere Momente“, beschreibt er seine Art des Komponierens, die an Bach-Variationen erinnert. „Man kann eine Basslinie mit der einen Hand spielen und mit der anderen Hand eine zweite, rhythmisch völlig andere. Ich habe aber gar keinen klassischen Hintergrund, das hat sich einfach so ergeben. Ich hätte auch nie gedacht, dass aus mir mal ein Gitarrist wird, der seine Fingernägel benutzt – und: schwupp, hier bin ich!“
Das Trio nutzt die Räume der Kompositionen für individuelle Ausgestaltung und der Bassist und der Schlagzeuger nehmen hierbei als Mitspieler eher die Rolle von Gestaltern als reine Rhythmusgeber ein. Das wiederum bringt zwar einerseits eine gewisse Unruhe mit, aber trägt andererseits zur bunten Gestaltung entscheidend bei. Als Gitarrist kann man Arditi in verschiedenen Ausprägungen erleben, von zart und lyrisch bis wild und aufbrausend.
Trackliste
2 After Lisboa
3 Hope
4 Eli
5 New Years Light
6 RDT World
7 Night Folks
8 No Ones Land
9 Other Side
10 Heartache
Besetzung
Lukas Traxel (bass)
Tobias Backhaus (drums)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |