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Reviews

Mulo Francel

Crossing Life Lines


Info

Musikrichtung: Jazz/Fusion

VÖ: 28.08.2020

(GLM Music)

Gesamtspielzeit: 75:11

Internet:

https://www.mulofrancel.de/
https://www.uk-promotion.de/

Der 1967 in München geborene Saxofonist Mulo Francel spielt seit seinem 16. Lebensjahr Saxofon, nebenbei spielte er Gitarre. Nicht nur im Jazz zuhause, streifte er im Laufe seines Schaffens auch die Bereiche Klassik und Weltmusik. Einigen Musikliebhabern mag er auch bekannt sein durch sein Mitwirken im Quartett Quadro Nuevo.

Auf seinem aktuellen Album Crossing Life Lines versammelt er kreative Musiker mit biografischen Wurzeln in Mittel- und Ost-Europa. Die Idee zu diesem Album entstand während einer ausgedehnten Konzerttour von Quadro Nuevo durch Tschechien und Polen. Und so spielen auf dieser Platte polnische Musiker (Izabella Effenberg), der österreichische Gitarrist Diknu Schneeberger mit jenischen und Sinti-Wurzeln, weitere aus Armenien und Tschechien, und eben aus Deutschland gemeinsam und verbinden damit, der Herkunft der Einzelnen verbunden, Stil-Elemente, hier also slawische, deutsche, tschechisch-böhmische, ungarisch-österreichische, polnische, kaukasische, jüdische und christliche Elemente.

Und es ist gelungen, all' dieses unter einen Hut zu bringen. Wer möchte, kann im sorgfältig erstellten Booklet noch das Eine oder Andere zu den jeweiligen Songs nachlesen. So startet die Platte mit leichtgängigem Jazz, der nur so dahinzufliegen scheint, mit einem Francel, der mich stark an Stan Getz erinnert, und einem raffinierten Gitarreneinsatz von Philipp Schiepek. Dabei ist der "Valse Du Bohémien" eine Bearbeitung der "Moldau" von Smetana, doch in diesem Arrangement wird das zum reinen Jazz, ein sehr starker Einstieg, sehr unbeschwert und luftig im Ausdruck.

Doch die Songs variieren, und bringen somit sehr viel Abwechslung, "Ada's Song" klingt ganz alt, nach Anfängen des Swing, mit einer feinen Prise Gypsy Jazz, das Gitarrensolo zeigt das hier deutlich und ausdrücklich. Gar Reggae hält Einzug (Track 3), und mit "Schaschlik" wird es ganz scharf mit dem Ausdruck von Klezmer-Musik. Laut Booklet wird dieser Song gern zu Hochzeiten und Grill-Parties gespielt, komponiert wurde er auf Grundlage von Motiven aus der Kaukasus-Region.

Sehr bewegend und balladesk ist "Lover Man - Oh, Where Can You Be?" geraten, zart und feinfühlig interpretiert. Und so bieten auch die übrigen Songs jede Menge an individueller Ausrichtung, auf "The Rabbi from Namyslów" spielt Francel die Klarinette, mit dezent lateinamerikanisch anmutender Leichtigkeit federt der Song aus den Boxen. Mit "Wiosna" von Izabella Effenberg wird der Frühling begrüsst, und nicht nur das Vibrafon, sondern auch eine Array Mbira und eine Steel Drum erklingen dazu. Klar - nach dem Frühling folgt der Sommer, auch hier mit Track Neun! Und so scheint es jahreszeitlich weiter zu gehen, ist doch Track Zehn mit "September Remember" betitelt. Auch dieser Song klingt so, als hätte es ihn schon immer gegeben, wie ein Jazz-Klassiker des Great American Songbook, doch der Saxofonist hat ihn komponiert. Dieser Song atmet etwas Wunderschönes, etwas Lyrisches und das Gitarrensolo von Schneeberger führt uns erneut hin zum Gypsy Jazz. Das ist ein hervorragender und berührender Herbst-Song!

"Allein mit einem Mädchen im Regen" (so die Übersetzung des elften Songs) steht die Band, ergänzt um den Cellisten Bárta. Das bringt eine gewisse Note klassischer Musik mit ein, und zusammen mit dem Vibrafon und dem zaghaft geblasenen Saxofon vernehme ich Spuren alter Kaffeehaus-Musik, aber erstklassigen Grades. Laut Booklet ist es in der Tat ein Lied, zu dem man in den dreissiger Jahren getanzt hat. So ist das hier prima und authentisch umgesetzt worden! Mit "Frieda", von Schiepek als Erinnerung an seine Urgroßmutter komponiert und einer erneuten Bearbeitung eines klassischen Motives, hier von Chopin, endet diese wunderschöne und bemerkenswerte Platte mit Musik, die sehr zu Herzen geht, und bei der man auch bemerkt, dass sie von Herzen kommt. Das ist Jazz, angereichert um Folklore- und andere Elemente, der sehr warmherzig und alles andere als akademisch/nüchtern/kalt klingt.



Wolfgang Giese

Trackliste

1 Valse du Bohémien (5:12)
2 Ada’s Song (4:41)
3 Look for the Silver Lining (4:25)
4 Schaschlik (4:36)
5 Lover Man – Oh, where can you be (7:26)
6 Blues in X Moll (4:57)
7 The Rabbi from Namyslów (4:58)
8 Wiosna (6:09)
9 Ein Sommertag (4:25)
10 September Remember (5:40)
11 Sám s devcetem v desti (6:29)
12 Naab (6:15)
13 Frieda (4:53)
14 Fredinand´s Prelude (4:36)

Besetzung

Mulo Francel (saxes, clarinet)
Diknu Schneeberger (guitar)
Izabella Effenberg (vibraphone, array mbira, steel drums)
Philipp Schiepek (guitar)
David Gazarov (piano)
Bernd Lhotzky (piano)
Robert Kainar (drums)
Stefan Noelle (drums)
D.D. Lowka (bass, percussion)
Sven Faller (bass)
Jiri Bárta (cello)
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