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Der wunderbare Mandarin u. a.
Info
Musikrichtung:
Orchester
VÖ: 23.03.2005 Naxos / Naxos SACD (AD 2004) / Best. Nr. 6.110088 Gesamtspielzeit: 62:12 |
HÖLLISCH
Höllische Musik hat im katholischen Köln nichts verloren. Kein geringerer als der damalige Bürgermeister Konrad Adenauer hat dafür gesorgt, dass Bela Bartoks Pantomime Der wunderbare Mandarin gleich nach der skandalträchtigen Uraufführung 1926 abgesetzt wurde.
Die phantastische Geschichte um Verführung, Erotik und Gewalt schien die gutbürgerliche Sitte und Moral zu verspotten. Was sollte man auch davon halten: Drei Gauner locken mit Hilfe eines schönen Mädchens potentielle Opfer an und rauben sie aus - als ihnen ein geheimnisvoller reicher chinesischer Mandarin in die Falle geht, bringen sie ihn kurzerhand um. Doch der Mandarin stirbt nicht, lässt sich weder ersticken, noch erstechen, noch aufhängen. Erst als das Mädchen seine Leidenschaft stillt und eine Umarmung nicht länger verweigert, beginnen seine Wunden zu bluten …
Bartok hat diesen Plot mit einer nach eigenem bekunden „höllischen“ Musik ausgestattet. Bereits der Beginn, der den kakophonischen Verkehrslärm einer anonymen Großstadt inszeniert, setzt einen geräuschhaften Realismus gegen jene spätromantischen Klänge, die das Kölner Publikum offenbar gewohnt war. Bei Marin Alsop und dem Bournemouth Symphony Orchestra kreischen die Automobile eindrucksvoll um die Kurve und steigern sich in aggressive Hupkonzerte hinein. Nach den Verführungsepisoden ist der Tanz der jungen Frau mit dem Mandarin sicherlich der musikalische Höhepunkt des Werkes. Die Erregung, die sich in einem rasenden Klimax entlädt, erinnert in der hämmernden Rhythmik manchmal an Stravinskys Sacre. Alsop und ihr in allen Registern hellwaches Orchester überzeugen hier mit präzisem Timing und elektrisierender Attacke. Effektvoll kosten sie die exotischen und pikanten Klangmischungen Bartoks aus, sorgen aber auch bei den zunächst weniger spektakulären Momenten dafür, dass der musikdramatische Druck nicht nachlässt.
Für Bartoks Kunst, ethnomusikalische Elemente aus der ungarischen, rumänischen, afrikanischen oder arabischen Volksmusik in seinen eigenen Stil einzuschmelzen, ohne im Folklore-Kitsch zu enden, stehen die übrigen Werke auf der CD: die 1923 komponierte kontrastreiche Tanz-Suite und die farbigen Ungarische Bilder von 1931. Sie erfahren durch Alspo und das Bournemouth Symphony Orchester eine gleichfalls spannungsvolle und detaillierte Wiedergabe.
Dank der ordentlichen räumlichen und klanglichen Staffelung kommen Bartoks spektakuläre Orchestereffekte in allen Fällen schön zur Geltung.
Georg Henkel
Trackliste
13-17 Tanz Suite Sz77 17:33
18-22 Ungarische Bilder Sz97 11:47
Besetzung
Marin Alsop, Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |