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Jardin de Myrtes (Claude)
Info
Musikrichtung:
Weltmusik (Spanien)
VÖ: 01.07.2005 Alpha / Note 1 (CD, DDD (AD: 2004) / Best.nr. Alpha 515) Gesamtspielzeit: 72:18 Internet: Alpha |
PAUSCHALTOURISMUS
Bislang hat uns das Label Alpha mit seiner Reihe Les chants de la terre recht zuverlässig auf eine musikalische Weltreise auf 4-Sterne-Niveau mitgenommen. Diesmal müssen wir uns hingegen mit einer Pauschalreise zufrieden geben.
So "authentisch" wie ein Club-Urlaub sind die Mélodies andalouses du Moyen-Orient, die die Gruppe L´Ensemble Aromates präsentiert.
Die Vielfalt und wechselseitige Beeinflussung der Stile in Spaniens Zeit unter der Maurenherrschaft ist zweifellos ein interessantes Thema und unbedingt eine CD wert. Hier als Ausgangspunkt die Neuerungen und (mündlich tradierten) Überlieferungen des Dichters und Musikers Ziryab zu nehmen, der im 9. Jahrhundert am maurischen Hof zu Cordoba wirkte, liegt ebenfalls durchaus nahe. Dies zumal deshalb, weil Text und Musik in jener Tradition besonders eng miteinander verknüpft sind.
Auf die vokale Komponente wird bei dieser Einspielung indes gänzlich verzichtet. Im übrigen geht es um eine Art Was-wäre-wenn: Die Arrangements spielen mit der Idee, was passiert wäre, wenn die Mauren in Spanien geblieben und ihre musikalischen Grundmuster sich auch mit denen späterer Zeiten in Europa gemischt hätten. Die Methode besteht dabei im wesentlichen darin, überlieferte instrumentale Versatzstücke mit improvisierten Zutaten nach heutigem Geschmack vermeintlich aufzuwerten. Ein bißchen orientalischer Rhythmus, ein wenig exotische Orchestrierung und dann noch jeweils etwas dazu, was später kam. So einfach reichen sich Orient und Okzident, kubanische und iberische Folklore, Islam und Christentum, 9. Jahrhundert und Barock die Hand. So einfach? - Nein, wohl eher schlicht.
Keine Frage: Die Ausführenden beherrschen die Vielzahl der klangfarbenprächtigen, alten Instrumente virtuos. Aber das musikalische Material atmet in ihren Versionen nicht, hat kein Feuer und bietet dem Hörer keinen Widerstand. Allzu glatt und gefällig kommen diese Stücke daher. Das gilt erst recht dort, wo versucht wird, mit besonderem Nachdruck einzelne Rhythmen, Basslinien und Harmonien in die Nähe mal des Barock, mal des Jazz, mal der französischen Impressionisten zu rücken.
Wie hier gemixt und gemildert wird, das ist zwar hübsch bunt, hat aber doch den Ruch der Beliebigkeit. Schnell wird man dieser Urlaubsclub-Atmosphäre überdrüssig und wünscht sich, ein Stück des echten musikalischen Andalusien jener Zeit kennenzulernen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1 | Ouverture Nawa Athar | 7:21 |
2 | Jardin de Myrtes | 4:50 |
3 | Démarche voluptueuse / Épris d'une gazelle | 8:49 |
4 | Taille de Rameau | 5:06 |
5 | Une nuit si longue | 4:05 |
6 | S’éloigner de Moi | 5:40 |
7 | Épée tranchante | 5:56 |
8 | Ritournelles | 4:06 |
9 | Chanteur de taverne | 4:33 |
10 | Les bras d’une gazelle | 5:20 |
11 | Ivresse | 3:51 |
12 | Les yeux noirs | 6:35 |
13 | Minimaroc | 5:49 |
Besetzung
Isabelle Duval, flûtes
Jean-Baptiste Frugier, violon
Jean-Lou Descamps, vièle à archet & violon alto
Françoise Enock, vièle à archet, colascionne & viole de gambe
Julien Blanchard, contrebasse
Feddy Eichelberger, épinette & organetto
Elisabeth Seitz, psaltérion
Michèle Claude, zarb, daff, reqq, darbouka, castagnettes, bendir, tambour de basque, tambourello, grelots
Massimo Moscardo, guitare baroque & archiluth
Mazyar Izadpanah, ney iranien
Mael Guezel, daff & zarb
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |