Reviews
Personal Demons
Info
Musikrichtung:
Metal
VÖ: 20.01.2017 (Pure Steel / Soulfood) Gesamtspielzeit: 40:05 Internet: http://www.habitualsins.com |
Matt Bizilla wird dem einen oder anderen noch als Sänger von Icarus Witch geläufig sein, auch sein Mitwirken bei Jim Dofka hat mancher vielleicht noch auf dem Schirm. Habitual Sins stellen nun praktisch ein Soloprojekt dar, auf dessen Debütalbum Personal Demons der Chef außer für den Gesang auch noch für einen guten Teil der Instrumentierung verantwortlich zeichnet, nämlich Baß, Drums und Keyboards. Unterstützung bekam er laut Booklet von Steve Pollick bei den Leadgitarren und weiteren Keyboards sowie – das war in gewisser Weise zu erwarten – von Jim Dofka ebenfalls bei den Leadgitarren. Wer hier Rhythmusgitarre spielt, bleibt also unklar, aber diese Komponente stellt einen durchaus nicht unwichtigen Bestandteil im Habitual-Sins-Soundgefüge dar, das wiederum in anderer Hinsicht Verwirrung auslöst: Nach seinem orchestralen Intro beackert der Opener „Ravens“ zunächst klassisches Epic-Doom-Terrain, wenngleich durchaus nicht nur mit Schleichgeschwindigkeit, sondern auch in Midtempolagen vorstoßend. Nach etwas mehr als drei Minuten schießt aber plötzlich ein leichtfüßiges speediges Gitarrenheldensolo um die Ecke, das man eher auf einer Italometalscheibe erwartet hätte. Der Rest der CD macht die Lage nicht besser beurteilbar: Zwar dominiert der schleppende bis midtempolastige Power Metal, aber so manche Wendung hebelt das gerade so schön zurecht gelegte Konzept wieder aus den Angeln, und man hört irgendwie, dass das Material nicht für eine Livewiedergabe konzipiert wurde bzw. noch nicht in einer Bühnensituation getestet worden ist – zumindest ist nichts davon bekannt, dass Bizilla für Habitual Sins auch Bühnenpräsenz vorgesehen hat. In dieser Situation hätte sich möglicherweise besser geklärt, welche Wendung funktioniert und welche nicht ganz so gut. Immerhin machen viele der Ideen per se durchaus Hörspaß, und man merkt Bizilla seine lange Erfahrung in positiver Weise an, zumal ihm auch seine beiden leadgitarrespielenden Freunde beispringen, indem sie viele Riffs noch mit Leadgirlanden zuhängen und in Songs wie „The Djinn“ tatsächlich für ein nahöstliches Melodiefeeling sorgen. Überhaupt scheint Bizilla ein gewisses kulturhistorisches Interesse zu pflegen, das sich nicht auf Dracula und Hexen limitiert, wenngleich auch ebenjene in „The Prince Of Wallachia“ bzw. „When The Inquisition Calls“ vorkommen, in letzterem noch ein wenig hörspielartig aufgepeppt, aber maßvoll und wenig schockstarrend, wenn Tomas de Torquemada da auf einen Ketzer einredet. Sonderlich tiefschürfend geht der Texter allerdings auch wieder nicht zu Werke, wenngleich es durchaus interessant ist, wenn er in „Down Here In Sodom“ die Perspektive der der Vernichtung ins Auge sehenden zurückbleibenden Bewohner einnimmt. Das Cover wiederum stammt aus der griechischen Mythologie (der Schöpfer bleibt im Booklet ungenannt), während der Text zu „Far Beyond Hades“ griechische und katholische Verdammnisvorstellungen in Beziehung setzt. So richtig reißt einen das Ergebnis aber nicht vom Hocker, auch wenn Bizilla durchaus den Eindruck erweckt, er wisse zumindest grundsätzlich, was er tut bzw. schreibt. Nur wäre es reizvoll gewesen, wenn er in seine Gesangsarbeit noch ein wenig mehr Melodie gepackt hätte – Refrains wie die von „Ravens“ oder „I Pray For You“ besitzen durchaus ein nicht unbedeutendes Maß an Eingängigkeit, gewinnen aber durch den unbeholfen wirkenden rauhen Vokalvortrag nicht unbedingt an Wohlklang. Irgendwo auf dem großen Stapel der Ungehörten liegt hier eine Icarus-Witch-Platte, aber Direktvergleiche mit Bizillas damaliger Leistung sind dem Rezensenten somit noch nicht möglich, sondern nur das Urteil anhand der zehn Songs hier, dass der Vokalist deutlich zu gepreßt agiert, wenngleich nicht ganz so bemüht wie das Paradebeispiel für diesen Problemfall, William Roderick McKay bei Griffin in den Achtzigern. Bizilla deutet hier und da an, dass er Melodien halten könnte, aber er tut es in letzter Konsequenz nicht, und das gereicht seiner Vorstellung nicht zum Vorteil. Dass er in „Kiss Of Shame“ mal eine ganze Passage bei Candlemass klaut, verzeiht man ihm da lieber, zumal das die beste Passage des Songs ist, der als eines der klassischen Beispiele für das Nichtfunktionieren der Kombination doomiger und schneller Passagen durchgeht. In „Down Here In Sodom“ hingegen ist sich der Rezensent auch nach mehreren Durchläufen noch nicht sicher, was er von dem Arrangement aus einem klassischen Doomsong mit einem Ufta-Ufta-Refrain halten soll, aber die Tendenz geht auch hier zum Urteil, dass weniger durchaus mehr gewesen wäre, wenngleich nicht in jeder Hinsicht: Der Song endet irgendwann einfach – nicht mit einer Katastrophe, sondern einfach so, als würde das Leben unverändert weitergehen, obwohl andererseits der Hörer nicht das Gefühl hat, die musikalische Grundidee sei schon umfänglich behandelt. In der ersten Albumhälfte gestaltet Bizilla die Arrangements ein wenig ausladender und gibt den Songs mehr Raum zum Atmen, was ihnen tendenziell definitiv gut tut, denn auch „When The Inquisition Calls“ wirkt amputiert und die schöne Akustikpassage aus dem Intro unter Wert verkauft. Schräges Detail am Rande: Auf dem Backcover ist die Amputation Realität geworden, denn der Song heißt dort nur „When The Inquisition“.
So läßt einen Personal Demons irgendwie ratlos zurück. Instrumentenseitig kompetent eingespielt und soundlich keine Wünsche offenlassend, überzeugt das Gesamtwerk nur bedingt, und wegen der schwierigen Einordnung weiß man auch nicht so richtig, wem man denn das Hineinhören empfehlen sollte. Vielleicht sind Doomanhänger noch die am ehesten geeignete Zielgruppe, aber auch die sollten sich bewußt machen, dass erstmal das Gesamtwerk von Candlemass und Solitude Aeturnus in den Tonträgerschrank gehört, bevor ein Antesten von Personal Demons Sinn ergäbe.
Roland Ludwig
Trackliste
1 | Ravens | 5:02 |
2 | The Djinn | 3:34 |
3 | Far Beyond Hades | 2:59 |
4 | Watch The Fire Rise | 4:16 |
5 | The Prince Of Wallachia | 3:42 |
6 | Kiss Of Shame | 3:42 |
7 | I Pray For You | 3:36 |
8 | Forever Be Tormented | 3:40 |
9 | Down Here In Sodom | 4:29 |
10 | When The Inquisition Calls | 5:00 |
Besetzung
Steve Pollick (Git, Keys)
Jim Dofka (Git)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |