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Requiem pour Louis XVI
Info
Musikrichtung:
Frühromantik
VÖ: 5.6.2020 (Chateau de Versailles / Outhere / Note 1 / CD / 2019 / Best. Nr. CVS022) Gesamtspielzeit: 61:12 |
RESTAURATION
Nach den Wirren der französischen Revolution und dem Sturz Napoleons brach in Frankreich die Epoche der Restauration an. Ludwig XVIII. regierte ab 1814 wieder als König und versuchte, die Brücke zur Vergangenheit auch dadurch zu schlagen, dass er die (vermeintlichen) sterblichen Überreste von Ludwig XVI. und Marie-Antoinette nach Saint-Denis überführen und dort mit allem Pomp beisetzen ließ. Die gekrönten Häupter, die der Revolution zum Opfer gefallen waren, sollten demonstrativ zu märtyrerhaften Ehren erhoben werden.
Die Musik hierzu steuerte Jean-Paul-Égide Martini (1741-1816) bei, ein Deutscher, der schon vor der Revolution dem Königshaus und Hochadel nahestand und sich nach einigen Erfolgen und Intrigen im Operngeschäft in seinen späten Jahren vermehrt der Geistlichen Musik zuwandte. Sein Requiem ist ein typisches, aber durchaus bemerkenswertes Stück jener Epoche: Im Geiste vielfach der opernhaften Musiksprache Glucks verhaftet, erinnert es in vielen Punkten an Cherubinis Schwesterwerk, das 1817 zu ähnlichem Zwecke Premiere feierte. Der Duktus ist von Pathos und dramatische Effekten durchzogen, das großbesetzte Orchester und die wuchtigen Chorpassagen erzeugen den unverzichtbaren Pomp. Nicht immer sind die Versatzstücke dabei raffiniert montiert und so mancher Effekt nutzt sich durch Wiederholung ab. Hin und wieder verrutscht das Ganze sogar ins opernhaft Grelle (Sopransoli) oder gar kindisch Banale (Oro supplex) bzw. droht unter dem Bombast der Überfrachtung fast zusammenzubrechen (Schlussfuge Amen).
Dass man diesen Bombast dennoch irgendwie ungläubig staunend goutiert, liegt daran, dass Dirigent Hervé Niquet dies alles nicht weichzeichnet, sondern die Effekte schamlos mit Freude und Präzision noch herausstellt, dabei geschickt den Hall des Aufnahmeortes (Chapelle Royales des Versailles) ausnutzend. Chor und Orchester agieren druckvoll und mit angemessener Emphase.
Man mag konstatieren, dass die Restauration nicht nur politisch, sondern auch musikalisch in eine Sackgasse führen musste. Aus der Rückschau ist diese eigenartig unechte wirkende Kulissenwelt gleichwohl ein kennenswertes Zeitzeugnis. Dem Werk als Dreingabe Berlioz´ Vertonung der Marseillaise, also der Revolutionshymne nachzustellen, zeugt zudem von einer guten Portion Humor. Den braucht man im Übrigen auch für die eigentümlich verrutschte deutsche Übersetzung der Booklettexte.
Sven Kerkhoff
Trackliste
13 Berlioz: Bis d´après la Marseillaise
Besetzung
Julien Behr: Tenor
Andreas Wolf: Bass
Le Concert Spirituel
Hervé Niquet: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |