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Faustus

Cotton Lords

Info Musikrichtung: Folk / Arbeiterlieder VÖ: 26.04.2019 (Westpark / Indigo) Gesamtspielzeit: 22:46 Internet: http://www.faustusband.com

Es ist eher ungewöhnlich, dass ein Dozent für viktorianische Literatur die Liner Notes für ein Folk Album schreibt. Noch seltener ist es wohl, dass ein entsprechender Wissenschaftler der Initiator für das Entstehen eines Folk Albums ist.

Dr. Simon Rennie, Dozent für Dichtung der viktorianischen Zeit an der Universität von Exeter, hat 2016 begonnen sich mit Gedichten zu beschäftigen, die in der Zeit der so genannten Lancashire Cotton Famine von 1861-65 entstanden sind. Hintergrund ist eine Seeblockade, die die Union während des amerikanischen Bürgerkriegs über die Südstaaten verhängt hatte. In der Folge konnte keine Baumwolle aus den amerikanischen Südstaaten nach England geliefert werden. Die etwa 2.500 Baumwollspinnereien in Lancashire bezogen aber 80 Prozent ihrer Baumwolle aus den Südstaaten. Von der zusammenbrechenden Produktion waren 430.000 Arbeiter direkt betroffen - und etwa 4.000.000 Menschen indirekt, als mit der Bauwollproduktion in Verbindung stehende Arbeiter oder als Familienmitglieder. Das waren etwa 20 Prozent der Gesamtbevölkerung im Vereinigten Königreich.

Faustus haben von Dr. Rennie eine ganze Sammlung von Gedichten bekommen, die während der Lancashire Cotton Famine in regionalen Zeitungen erschienen sind. Sechs von ihnen befinden sich auf dieser EP – fünf als Audio-, und einer als Video-Track.

Das Trio präsentiert die Tracks erstaunlich kraftvoll mit einem Sound, der nicht zuletzt von Harmonium geprägt ist. Die Wut und die Not der Arbeiter kommen dabei sehr gut zur Sprache. Die Liner Notes von Dr. Rennie kommentieren jeden einzelnen Song sehr ausführlich und brechen dabei auch manchem Klischee die Spitze, wenn er z.B. in den Anmerkungen zu „Lancashire Operatives“ drauf hinweist, dass es sich bei den Arbeitern in den Baumwollspinnereine keinesfalls um arme, ausgebeutete Fast-Sklaven handelte. Sie gehörten zu den bestbezahltesten Arbeitern in der Welt. Wenn dann aber auch noch drei Familienmitglieder in Lohn und Brot standen, hatten sie richtig etwas zu verlieren.

Eine durch ihre gut erklärten Texte hoch spannende CD mit kraftvoll lebendiger Folk-Musik, die über weite Strecken nach wesentlich mehr als drei Musikern klingt.

Norbert von Fransecky