Reviews
Live In Montreal, 10/22/66
Info
Musikrichtung:
Folk
VÖ: 28.02.2020 (RockBeat Records) Gesamtspielzeit: 126:07 Internet: http://web.cecs.pdx.edu/~trent/ochs/ https://www.in-akustik.de/de/ http://www.rockbeatrecords.com/ |
Leider nur kurz weilte der 1940 in El Paso geborene Singer/Songwriter Phil Ochs unter uns. Am 9. April 1976 erhängte sich Phil Ochs, der bereits länger unter Depressionen und zuletzt unter einer bipolaren Störung litt. Als junger Mann, als Teenager, fiel Phil durch sein gutes Spiel mit der Klarinette auf und spielte in Ohio auch im Orchester des Konservatoriums, bis hin zum ersten Solo-Klarinettisten. Später an einer Militärakademie lernte er Musik von Buddy Holly und Elvis Presley kennen und interessierte sich für Country-Musik.
Doch auch dem Studium des Journalismus widmete sich Ochs und wurde politisch immer stärker interessiert, und das, in Verbindung mit der Musik von Woody Guthrie und Pete Seeger, sollte ihn dann, nachdem er sich dem Gitarrenspiel widmete, entsprechend in die Richtung Singer/Songwriter/Folksänger leiten. Eine wichtige Rolle spielte hierbei der Umzug nach New York City und der Einstieg in die Folkszene in Greenwich Village, das war 1962. Als Journalist besaß er die Fähigkeit, bissige Texte zu Themen wie Krieg oder Menschenrechte zu verfassen und in ein Folkgewand zu stecken. Parallel entwickelte sich seine Ausprägung als engagierter Bürgerrechtler.
1964 erschien das Debüt-Album “All The News That's Fit To Sing” auf Elektra Records. Sein dort veröffentlichtes letztes Album erschien 1966 mit der Liveplatte “Phil Ochs In Concert“. Die nachfolgende Einspielung sollte im November 1967 auf A&M Records erscheinen, „“Pleasures Of The Harbor“. Und genau zwischen diesen Platten entstanden die Aufnahmen für die mir vorliegende Doppel-CD, Live In Montreal, 10/22/66. Enthalten sind einundzwanzig Songs, die im Grunde genommen relativ unbekannt sind, weil Phil Ochs eigentlich nie einen Hit verzeichnen konnte. Eine Ausnahme war zum Beispiel “There But For Fortune“, das allerdings in der Version von Joan Baez erfolgreich war, die eigene Version leitet die CD 2 ein. “One Of My Hits“, so kündigt er den Song humorvoll und augenzwinkernd an.
Das 1969er Album ”Rehearsals For Retirement“ wurde 1998 in The Wire’s ”100 Records That Set the World on Fire (While No One Was Listening)“ aufgenommen, und ist auf dieser Doppel-CD mit dem Song "Doesn't Lenny Live Here Anymore?"vertreten, der hier bereits drei Jahre vor der Studioversion veröffentlicht wurde. Mit einer guten Klangqualität ausgestattet, erleben wir einen lebhaften Musiker, der mit voller und satter Stimme, die mich hinsichtlich ihres Ausdrucks auch an Don McLean erinnert, seine Botschaften druckvoll gestaltet. Aber auch Tim Buckley fällt mir assoziativ ein, ähnlich fließend schwingt der Gesang elastisch und zeigt die ganze Bandbreite von Stimmungen in eleganter und emotional starker Ausprägung.
Eigentlich sollte man sich die Mühe machen und sich zu jedem einzelnen Song die Texte heraussuchen, denn so werden die Botschaften komplett. Bissig, satirisch, humorvoll, zupackend, so sind dann mitunter auch die Kommentare und Ansagen vor den Songs, schließlich nimmt sich der Protagonist eine Menge Themen vor, die er mit journalistischer Raffinesse verarbeitet. Im “Song Of My Returning“ schien er prophetisch bereits etwas vorwegzunehmen, so heißt es hier: “My Drifting Days Prepare Me To Do Battle With The Night“, ein Kampf, den er letztlich verlor. Ja, es lohnt sich in der Tat, sich der Texte zu widmen, und sich dann vielleicht noch ein weiteres Mal die Songs auf diesem hervorragend dokumentierten Konzert aus 1966 anzuhören. Für die Texte empfehle ich die aufgeführte Webseite.
Trackliste
1 Cross My Heart (5:22)
2 Song Of My Returning (6:46)
3 The Bells (4:47)
4 Flower Lady (5:46)
5 Miranda (8:06)
6 Joe Hill (9:20)
7 I'm Gonna Say It Now (4:13)
8 Pleasures Of The Harbor (6:38)
9 I Ain't Marching Anymore (3:28)
10 Outside Of A Small Circle Of Friends (3:54)
11 I've Had Her (7:19)
CD 2:
1 There But For Fortune (4:20)
2 Cops Of The World (6:14)
3 Crucifixion (10:00)
4 Is There Anybody Here (4:24)
5 Changes (6:44)
6 The Party (7:47)
7 Doesn't Lenny Live Here Anymore (11:05)
8 Power And The Glory (5:03)
9 Chaplain Of The War (4:50)
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |