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Reviews

Vatican

March Of The Kings


Info

Musikrichtung: Metal

VÖ: 24.03.2017

(Pure Steel / Soulfood)

Gesamtspielzeit: 39:49

Internet:

http://www.puresteel-records.com
http://www.reverbnation.com/vatican3

„Was Vatikan, kann Mutti schon lange!“ Nein, dieser alte Sponti-Frauenbewegungs-Spruch dürfte nicht für die Gründung von Vatican ursächlich gewesen sein, und es handelt sich auch weder um fanatische Katholiken noch um das gegenteilige Extrem von der Kreuzeumdreherfront, letzteres im Gegensatz zu diversen gleichnamigen Formationen aus anderen Regionen der Vereinigten Staaten von Amerika. Diese Vatican hier kommen aus Sandusky, Ohio und brachten es während ihrer ersten Existenzphase mit recht oft durcheinandergewirbeltem Line-up und einer kurzen zwischenzeitlichen Auflösung nach dem Ausstieg ihres Ur-Sängers Mark St. Stevens 1987/88 zu vier Demos, bevor 1992 erstmal Schicht im Schacht war. Aber da die Szene in Sandusky offenbar nicht groß ist, trafen sich diverse ehemalige Vatican-Musiker in den verschiedensten Bandkonstellationen immer wieder, bis 2011 letztlich der Entschluß zu einer Reunion fiel. Deren erstes konserviertes Tonzeugnis war die 2014 bei Cult Metal Classics erschienene CD Metalmorphosis, die das Material der beiden letzten Demos Power Is Obsession (1989) und Answer To The Master (1990) vereinte und um zwei 1990er Livemitschnitte erweiterte. Danach landeten die Amerikaner bei den Erzgebirgsbewohnern von Pure Steel Records, und das erste Werk dieser Kooperation liegt in Gestalt von March Of The Kings vor.
Auch diese CD speist sich freilich aus der Vergangenheit: Mit Ausnahme von „Falling From Grace“ handelt es sich ausschließlich um Material aus den alten Aktivitätsphasen Vaticans, das in einzelnen Fällen auch schon mal aufgenommen wurde, allerdings mit einer Ausnahme nicht unter dem Vatican-Banner, sondern von den anderen Bands der diversen (Ex-)Mitglieder, wie umgekehrt diese auch Material von ihren Bands zu Vatican mitbrachten, etwa „Running“, das bei der Band Assailant noch „Runnin‘“ hieß und 1988 zu Vatican mitwanderte, als sich der Assailant-Bassist und –Sänger Brian McNasty den nach dem erwähnten kurzzeitigen Split reformierten Vatican anschloß, wo der Song zunächst auch noch mit Apostroph geschrieben wurde und jetzt erst auf dem Album das fehlende g ergänzt bekam. So haben acht der zehn Songs ihre jeweils eigene Geschichte in der Vatican-Historie – auf die beiden letzten, nämlich „Corruption“ und das Instrumental „Opus #9“, trifft das nur in übertragenem Sinne zu, denn die stammen aus einem Soloprojekt, das Vincent J. Vatican nach dem vorläufigen Ende seiner Band startete. Der Name des Gitarristen läßt aufhorchen – aber in diesem Falle ist die Frage nach der Henne und dem Ei genau beantwortbar: Der Bandkopf änderte seinen Nachnamen bei seiner Hochzeit 1989 offiziell in Vatican, die Band dagegen hieß schon seit 1985 so. Ob er ein eher schwieriger Charakter ist und sich aus diesem Umstand die hohe Mitgliederfluktuation ergibt, kann hingegen nicht eruiert werden – Fakt ist aber, dass March Of The Kings außer von ihm mit Drummer Vic Gribouski und dem bereits erwähnten Brian McNasty noch von zwei anderen Altmitgliedern der Band eingespielt wurde, während die aktuelle Besetzung keinen von den beiden mehr enthält, dafür aber zwei Mitglieder, die mit dem Gitarristen auch schon bei Big Risk (noch so eine Vatican-Songmaterial-Bewahrer-Band) spielten, und zudem haben wir jetzt ein Quartett, da die Planstellen von Sänger und Bassist nunmehr von zwei Personen anstatt in Personalunion besetzt sind, während man McNasty aktuell bei Savior From Anger oder bei der Band von Joe Hasselvander erleben kann.
Nach so viel Theorie nun die praktische Frage, was Vatican denn eigentlich für Musik spielen. Das läßt sich gar nicht so leicht beantworten: Metal ist es natürlich definitiv, aber glaubt man nach dem relativ komplexen Opener „Alive To The Grave“, es durchgehend mit typischem US-Metal dieser Bauart zu tun zu bekommen, so stellt man bald fest, sich geirrt zu haben. Derartige Elemente finden sich zwar auch weiterhin gelegentlich, aber es macht sich eine geradlinigere Gangart breit, die zudem auch europäische Einflüsse deutlich macht, etwa in „Die A Heart Attack“ (wie der Song auf dem Backcover und im Booklet heißt, obwohl er laut Band eigentlich „Di A Heart Attack“ geschrieben werden sollte, was auf eine Ex-Freundin des Drummers namens Diana gemünzt war, die seinerzeit gleich mehrfach besungen wurde), wo man nicht selten an Judas Priest oder auch an Accept denkt. Dieser Song ist übrigens der einzige der zehn, der schon mal unter dem Vatican-Banner als Konserve erschienen ist, nämlich auf dem allerersten Demo von 1986, als McNasty noch gar nicht in der Band war. Der wiederum wechselt heutzutage zwischen eher tiefen Passagen und hohen Schreien, welchletztere ahnen lassen, dass er früher eine typische US-Metal-Sirene gewesen sein könnte – Besitzer der Metalmorphosis-CD dürften diesbezüglich Genaueres wissen. Ein gewisses Alter hört man seiner Stimme an, aber er macht seine Sache durchaus nicht schlecht, wie auch die ganze Band prinzipiell überzeugt, ohne allerdings Bäume auszureißen. Für Traditionsfanatiker bedeutsam ist der Aspekt, dass Vatican die Neueinspielungen weder kompositorisch noch soundlich modernisiert haben, so dass man abgesehen vom Lautstärkepegel tatsächlich einem Tonzeugnis aus früheren Zeiten zu lauschen glauben könnte. Nicht mal die Rhythmusverschiebungen in „Fears Garden“ sind als Fingerzeig in eine Modernisierungsgefahr zu werten, sondern sie passen sich in die gewisse Komplexität noch problemlos ein. Vom klassischen Stampfer über die erwähnten vielschichtigeren Nummern bis zum kantigen Speed bekommt der Hörer in den knapp 40 Minuten das ganze Spektrum geboten, nur auf eine Ballade muß er verzichten: Auch das Instrumental ist nicht etwa ein sanfter Akustikausklang, sondern „richtiger“ Metal, nur eben mit der Gitarre als Führungsspur anstelle des Gesangs, und auch in den neun anderen Songs bleibt die Elektrische stets eingestöpselt – die Komplexität geht nicht so weit, dass Vatican etwa Akustikbreaks oder ähnliche Elemente einflechten würden, wie das so manche US-Metal-Band zu tun pflegte. So bleibt ein solides Ergebnis, das keinen Genrefreund enttäuschen wird, allerdings in einer Kollektion voller Highlights eher ein Mauerblümchendasein zu führen droht. Was von der neuen Besetzung zu erwarten ist und ob auch diese eher die Vergangenheit pflegt oder wir nach 30 Jahren dann doch noch mit aktuellem Material rechnen können, bleibt indes mit einer gewissen Spannung abzuwarten.



Roland Ludwig

Trackliste

1Alive To The Grave5:43
2Deadly Wind3:35
3Running4:37
4Mean Streak3:52
5Falling From Grace3:50
6Waysted3:25
7Fears Garden3:57
8Die A Heart Attack3:09
9Corruption4:23
10Opus #93:12

Besetzung

Brian McNasty (Voc, B)
Vincent J. Vatican (Git)
Vic Gribouski (Dr)
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger