Reviews
The Adornment Of Time
Info
Musikrichtung:
Chamber Jazz
VÖ: 25.10.2019 (PI Recordings) Gesamtspielzeit: 64:57 Internet: http://marilyncrispell.com/ https://tyshawnsorey.com/ http://www.nuzzcom.com/ https://pirecordings.com/ |
Ladies first - The Adornment Of Time ist eine Zusammenarbeit der Pianistin Marilyn Crispell und des Schlagzeugers Tyshawn Sorey. “Adornment” = Verschönerung, Verzierung, in etwa diese Richtung soll die Zeit also ausgeschmückt werden. Und Zeit hat man sich gelassen, gibt es doch auf dieser CD nur einen Song, den Titelsong, und der dauert eine Stunde, vier Minuten und siebenundfünfzig Sekunden.
Die 1947 in Philadelphia geborene Pianistin gilt als wichtige Interpretin der Neuen Improvisationsmusik. Ihr Stil wurde auch bereits als “New Lyricism“ bezeichnet. Studien der klassischen Musik und Kompositionslehre ebneten den Weg dafür, was später kommen sollte. Sonstige persönliche Erfahrungen wie die Entdeckung des Jazz fügten sich dann letztlich zu einem ganz eigenen Stil. Hinzu ergaben sich Zusammenarbeiten mit namhaften Vertretern des freien Jazz, wie Anthony Braxton, Reggie Workman und vielen anderen. Daneben hat die Musikerin auch Musik zeitgenössischer Komponisten wie zum Beispiel von John Cage aufgenommen.
Der einige Jahre jüngere Schlagzeuger und Perkussionist Tyshawn Sorey (Jahrgang 1980) studierte unter anderem auch bei Anthony Braxton, nebenbei lehrt er zwischenzeitlich ebenfalls als Musikpädagoge. Er gilt als einer der innovativsten neuen Schlagzeuger der Jazzszene. Er musizierte bereits unter anderem mit Steve Coleman oder Wadada Leo Smith und anderen.
Ja, wie soll ich diese Musik nun näher beschreiben? Die Einzelvarianten von Piano und Schlagzeug/Perkussion ergänzen sich ständig, erneuern sich, erweitern sich, schaffen Strukturen, lösen sich davon wieder, man spielt sich die Klangbälle zu, mitunter herrscht viel Ruhe, ein tupfendes Piano mit minimalistischer Ausprägung wird von einem Donnerschlag des Schlagzeuges unterbrochen. Sorey verhält sich nicht wie ein typischer Schlagzeuger, er ist nicht zwingend als Rhythmusgeber aktiv, nein, er kreiert einen Klangteppich, er schafft Atmosphäre, benutzt das Schlagzeug/die Perkussion als Klangkörper, um damit flächig mitzuwirken.
Dieses Treffen ist letztlich etwas, das zwei großartige Individuen zeitgenössischer Musik aufeinander treffen lässt. Es handelt sich um völlig frei improvisierte Musik, allerdings ist es kein Free Jazz. Dieses Wechselspiel von ruhigen Passagen und großer Intensität mit Ausbrüchen ist gefüllt mit Spannung, und es ist letztlich in der Tat sehr subjektiv zu beurteilen. Auch hier kann gelten – man mag es oder man mag es nicht. Wer herkömmliche Strukturen gewöhnt ist oder sucht, sollte sich hier verabschieden, wer Kreativität sucht, muss einfach zuhören, denn diese Spannung ist großartig, man ist einfach ständig gespannt, was „um die Ecke herum lauert“.
Mitunter scheinen beide Künstler für sich zu spielen, ohne die Gemeinsamkeit zu verlieren, wie etwas Suchendes, dann wieder sind sie vereint und klingen wie ein gemeinsames Ganzes, diese Verschmelzung ist genial. Und all‘ das entsteht offensichtlich spontan, ständig scheinen sich Beide zu belauschen, aufeinander zu achten und dann mit einer gemeinsamen Sprache zu sprechen. Diese Musik ist sehr ungewöhnlich, mir fällt nicht unbedingt Vergleichbares ein in dieser Konstellation von Piano und Schlagzeug.
Trackliste
Besetzung
Marilyn Crispell (piano)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |