Reviews
Ann-Marita
Info
Musikrichtung:
Country / New Country
VÖ: 2004 (ItsAboutMusic.com) Gesamtspielzeit: 36:30 Internet: http://www.annmarita.com |
Was kann man musikalisch von einer jungen Frau erwarten, die auf einem Bauernhof in den Bergen Norwegens aufgewachsen ist? Folkloremäßig so einiges, aber countrymäßig absolut nichts! Und schon sind wir einem großen Fehler aufgesessen, denn der Auftritt von Kenny Rogers in der "Muppet-Show" brachte Ann-Marita zur Countrymusik, und diese Leidenschaft sollte so schnell kein Ende finden, denn ihr Weg über Schweden und Australien brachte sie letztendlich in die USA, wo sie ihr Talent in die richtigen Kanäle leiten konnte, die in dies Album münden.
Im Einzelnen:
Der Opener "Class of ´93" kommt gleich mit allen Anzeichen moderner Country-Pop-Produktionen daher und stellt klar, dass Drums und Gitarren angeblich am besten klingen, wenn sie weit im Vordergrund stehen. Dies Stilmittel findet jedoch meistens Anwendung, wenn das gesangliche Talent für eine hervorgehobene Position zu schwach bestückt ist. Aber durch die Instrumente bleibt doch hörbar, dass Ann-Marita ihre Stimme nicht unbedingt verstecken muss. Zum Beweis wurde bei "Face in the crowd" auf sparsamen Background gesetzt und im Singer/Songwriter-Stil ein ruhiges Stück produziert, das ebenfalls - wie alle anderen Songs des Albums - aus der Feder der Sängerin stammt. Da kann schon mal der Verdacht aufkommen, die junge Dame mit den langen blonden Haaren hätte musikalisch doch einiges drauf. Wenn ein Titel "Alive and kickin´" heißt, darf man nun mal keine Ballade erwarten, und deshalb wird hier auch die flottere Gangart angesetzt. Die Instrumente klingen richtig satt und voll, und man vermisst nichts. Dazu die präsente Stimme, die alles andere als dünn klingt. Ein wirklich gut groovender Titel, dem es an nichts mangelt.
Zur Abwechslung kommt nun "No slowing the hands of time", ein ruhiger Song, fast schon eine Ballade. Hierbei stellt sich heraus, dass Ann-Marita stimmlich auf eine angenehm herbe Stimme zurückgreifen kann, die aber die süßliche Gangart vieler Countryladys nicht erreicht; ein Problem, dass auch z.B. Terri Clark teilt. Wenn man die bunte Mischung des Albums weiterspinnt, müsste nun wieder ein flotter Song kommen. Obwohl das Intro recht bedächtig daherkommt und einen Blues-Grundton trägt, geht es aber nach 42 Sekunden zur Sache und die Drums und Gitarren dürfen ihren pop-orientierten Job machen. Wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, einen "Ex-Boyfriend-Song" aufzuziehen, denn zu jungen im Leben stehenden Damen passen in diesem Zusammenhang keine Balladen. Augen- bzw. ohrenscheinlich ist Ann-Marita über das Ende der Liaison nicht sonderlich beunruhigt, denn es klingt mächtig nach einem Gute-Laune-Song, der zudem richtig gut gemacht ist und sogar Hitqualitäten aufweist.
Eine Gitarre, die soundtechnisch stark an Steve Miller erinnert, ist ihr Begleiter bei "More than meets the eye" und bildet mit dem später einsteigenden Rest der Band den passenden Background, zu dem der Text in den Vordergrund treten kann, denn man hat das Gefühl, die Sängerin hätte mehr zu sagen als ein paar Reime zu Gehör zu bringen. Ein Midtempo-Song, der einen tragenden Eindruck hinterlässt. Für die Romantik-Ecke ist auf diesem Album "You said forever" zuständig, und es stellt sich die Frage, ob sich die zu Beginn geäußerte Ansicht, Ann-Marita könne nicht richtig schmalzig daherkommen, aufrechterhalten lässt. Ein langsamer Walzer bestimmt den filigranen Hintergrund für eine feste, aber liebliche Stimme mit überaus starkem Schmusefaktor. Nicht schlecht gemacht! "Sounds good to me" setzt den Schlusspunkt unter das Album, das den Namen seiner Sängerin trägt, und bringt mit Blues-Elementen neue Farbakzente, die man nicht zwingend hier vermutet hätte, und rundet das Bild noch erheblich ab, das man sich während des Albums gemacht hat. Denn auch der Ausflug in den Blues hört sich nicht gekünstelt sondern echt und authentisch - oder, wie der Titel es selbst sagt: sounds good to me.
Fazit:
Ann-Marita, das Mädchen aus den norwegischen Bergen, liefert ein Album ab, das amerikanischer kaum sein könnte. Country-Pop ist hier ebenso zuhause wie gefühlvolle Balladen und eine gute Portion Blues, alles zusammengehalten durch die kräftige Stimme der Skandinavierin. Dass diese Stimme in ein paar Songs ein wenig zu weit nach hinten gesetzt wurde, muss dem Produzenten angelastet werden, doch ansonsten handelt es sich um ein gut anzuhörendes und vielfältiges Album.
Lothar Heising
Trackliste
1 | Class of ´93 | 4:00 |
2 | Face in the crowd | 2:47 |
3 | Alive and kickin´ | 3:19 |
4 | (No slowing) teh hands of time | 4:18 |
5 | The ex-boyfriend song | 3:54 |
6 | That girl | 4:47 |
7 | More than meets the eye | 4:23 |
8 | You said forever | 4:32 |
9 | Sounds good to me | 4:30 |
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |